Neues vom Stadtschreiber: Die Mierendorff-Straße

Carl Mierendorff
 

von Hans-Benno Hauf

Die Mierendorff-Straße vormals Tannenbergstraße, wird am 18.03.1947 von der Gemeindevertretung in Mierendorffstraße umbenannt. Carl (Carlo) Mierendorff, geb. am 24. März 1897 in Großenhain, studiert in Heidelberg Volkswirtschaft, verfasst 1918 die expressionistische Erzählung „Lothringer Herbst“, gründet 1919 die politische Zeitschrift „Das Tribunal-Hessische Radikale Blätter“ und ist streitbares Mitglied von Studentengruppen wie „Sozialistische Studentengruppe“ und „Vereinigung republikanischer Studenten“, wo er auch auf Carl Zuckmayer trifft. 1920 wird er Mitglied der SPD, 1922 schließt er sein Studium mit „Die Wirtschaftspolitik der Kommunistischen Partei Deutschlands“ als Dr. phil. ab. Er arbeitet beim „Hessischen Volksfreund“ in Darmstadt, ist von 1926 bis 1928 Sekretär der SPD-Reichstagsfraktion und wird Pressereferent des hessischen Innenministers Wilhelm Leuschner. Bei der Reichstagswahl im September 1930 wird er jüngster SPD-Abgeordneter mit Schwerpunkt des politischen Kampfes gegen das Erstarken der NSDAP. Als Mitglied der Organisation Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold und der Eisernen Front greift er mit propagandistischem Talent und Elan immer wieder auch Joseph Goebbels[1] an. Am 24.02.1933 referiert der Reichstagsabgeordnete Dr. Mierendorff im Wahlkampf bei der SPD im Ginsheimer Saalbau Thomas. Nachdem er am 24.03.1933 im Reichstag gegen das Ermächtigungsgesetz stimmt, versteckt er sich vor der SA zunächst bei dem Schriftsteller Carl Zuckmayer, wird aber bei einem Treffen mit Otto Sturmfels[2] in Frankfurt verhaftet. Fünf Jahre ist er in Konzentrationslagern Osthofen, Börgermoor, Papenburg, Lichtenburg und Buchenwald inhaftiert. 1938 wird er aus dem Gestapo-Gefängnis in der Prinz-Albert-Straße in Berlin entlassen. Unter dem Decknamen „Dr. Friedrich“ arbeitet er seit 1941 im Kreisauer Kreis[3] mit Kontakten zu dem Sozialisten  Julius Leber[4] und dem militärischen Widerstand. Carlo Mierendorff kommt am 04.12.1943 beim Luftangriff der Royal Air Force auf Leipzig ums Leben und findet seine letzte Ruhe auf dem Darmstädter Waldfriedhof[5].


[1] Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda

[2] Notar und hess. Landtagsabgeordneter, verstorben 1945 im KZ Dachau

[3] bürgerliche Widerstandsgruppe mit Plänen zur politisch-gesellschaftlichen Neuordnung nach dem angenommenen Zusammenbruch der Hitler-Diktatur

[4] Reichstagsabgeordneter und Widerstandskämpfer, 1945 in Berlin hingerichtet

[5] Bild und Text-Quellen: Wikipedia

 
Klassische Ansicht

Bitte wählen Sie Ihre Cookie-Präferenzen