Neues vom Stadtschreiber: Eiserne Zeugen

Eiserne Zeugen: Kanonenkugeln
 

von Hans-Benno Hauf

Beim Ausheben einer Grabstätte auf dem Gustavsburger Friedhof werden 1970 geschichtsträchtige Artefakte[1] in der Erde gesichtet und Kanonenkugeln[2] verschiedenen Kalibers ausgegraben. Es ist das Gemarkungsgebiet „Auf dem Höchster“ an der Grenze zur Bischofsheimer Gemarkung, wo einst eine Batteriestellung mit Kanonen auf die Stadt Mainz gerichtet ist[3]. Mainz, vom französischen Revolutionsheer seit 1792 besetzt, wird im April 1793 von preußischen, hessischen, sächsischen, bayerischen und österreichisch-ungarischen Truppen in einem großen Ring eingeschlossen. Sogar eine holländische Kriegsflotte riegelt den Rhein zwischen Budenheim und Biebrich ab. Auf der Mainspitze stehen die kaiserlichen Belagerungsheere in großem Bogen von der heutigen Schleuse bis zur Bleiaue. Einen Monat lang beschießen die Batterien der Mainspitze die Stadt, in der das Jakobsberger Kloster auf der Zitadelle, der Dom, sieben andere Kirchen und zahlreiche Gebäude in Flammen aufgehen. Eindrucksvoll beschrieben von Johann Wolfgang Goethe in „Untergang einer Reichshauptstadt“[4]. Nach 104 Tagen Einschließung kapituliert das französische Mainz am 23. Juli 1793 und 18.675 Mann Besatzung erhalten einen ehrenvollen Abzug. Noch heute steckt eine Kanonenkugel in der Fassade des Hauses Markt 35 in Mainz[5] und bestimmt noch viele mehr im Erdreich der Mainspitze.


[1] Archäologie: ein von Menschen hergestellter Gegenstand

[2] im Heimatmuseum, Bild HVV GiGu

[3] Quelle: Erich Neliba in Die Burg Nr. 27, 1971

[4] in Untergang einer Reichshauptstadt, ein Bilderbogen, Societätsverlag 2007

[5] Untergang einer Reichshauptstadt, Societätsverlag, S. 173

 
Klassische Ansicht

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