Neues vom Stadtschreiber: Dreizehn Milliarden

Stadtschreiber
 

von Hans-Benno Hauf

Der Erste Weltkrieg verschlingt für Soldaten, Waffen, Munition, Verpflegung, Transport und Logistik enorme Ressourcen. Geld, das das Deutsche Reich schon nach Kriegsbeginn nicht hat. Zu Beginn der 1920er Jahre steht es unter anderem durch Reparationsleistungen an die Siegermächte und Rückzahlung von Kriegsanleihen wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand. Um den Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können, bringt die Regierung mehr und mehr Geld in Umlauf und der Teufelskreis der Inflation lässt Preise und Löhne explodieren. Kostet am 9. Juni 1923 in Berlin ein Ei 800 Reichsmark und ein Liter Milch 5000 Reichsmark, so bezahlt man am 2. Dezember 1923 für das Ei 320 Milliarden und für den Liter Milch 360 Milliarden Reichsmark[1]

In Ginsheim erhält mit Datum vom 3. Dezember 1923 der Johannes Merten in der Rheinstraße 33 Post vom Finanzamt Mainz. Er wird aufgefordert, binnen einer Woche zur Vermeidung von Zwangsmaßnahmen an die Untererhebstelle Ginsheim die laut Umsatzsteuerliste Nr. 148 vierteljährliche Umsatzsteuer-Vorauszahlung von „geschätzt“ 10 Milliarden Mark abzuführen. Das macht Johannes Merten am 7. Dezember 1923 auf der Bürgermeisterei. Und weil er die Umsatzsteuer-Voranmeldung nicht rechtzeitig vorgelegt hat, zahlt er auch noch -quittiert- den Zuschlag in Höhe von 3 Milliarden Mark.        



[1] Gregor Delvaux de Fenffe in planet-wissen.de/Deutsche Geschichte

 
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