Neues vom Stadtschreiber: Ein ungeklärtes Schicksal

Stadtschreiber
 

von Hans-Benno Hauf

Um das Gewerbegebiet am Mainufer an die Abwasserentsorgung anschließen zu können, wird von dem Abwasser- und Servicebetrieb Mainspitze (ASM) im Oktober 2007 ein Graben durch den Burgpark Richtung Sportgelände ausgehoben.  Doch schon bald müssen die Arbeiten eingestellt werden. Der Bagger stößt auf Reste einer Flak-Stellung[1] im Zweiten Weltkrieg. Der Kampfmittelräumdienst entsorgt Flakmunition und Maschinengewehrpatronen. Unweit davon kommen Teile eines menschlichen Skeletts zu Tage. Die von der Kriminalpolizei eingeschaltete Gerichtsmedizin in Frankfurt[2] schließt in einem Gutachten auf eine etwa 23jährige Frau mit einer Körperhöhe von ca. 166 cm, die durch kriegerische Handlungen an Ort und Stelle zu Tode gekommen ist. Möglicherweise sucht sie im 1,70 m tiefen Graben um die Flakstellung bei einem Fliegerangriff Schutz, wird nach einer Bombendetonation verletzt verschüttet und erstickt. Wer ist die junge Frau? Mit höchster Wahrscheinlichkeit keine Einheimische, denn aus dieser Zeit gibt es keine unaufgeklärten örtlichen Vermißtenfälle. Lebt sie im nicht weit von der Flakstellung befindlichen Frauenlager für die Zwangsarbeiterinnen, die vornehmlich  bei im MAN-Werk Gustavsburg eingesetzt sind und denen es verwehrt ist, bei einem Luftangriff die Schutzbunker aufzusuchen? Ist sie nur zufällig auf der Mainspitze und wird Opfer eines Verbrechens? Kleiderreste und Utensilien fehlen an der Fundstelle gänzlich. Auch Beifunde in Skelettnähe lassen keine Schlüsse auf die Identität zu, auch, weil das Gebiss der Toten nicht gefunden werden kann. Es wird für immer ein ungeklärtes Schicksal einer jungen Frau in schrecklicher Zeit bleiben.



[1] dokumentiert in „Die Mainspitze im Fadenkreuz der Royal Air Force und der 8. USAAF“ S. 138

[2] Az: 425-8710-2007

 
Klassische Ansicht

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