Neues vom Stadtschreiber: Von der Armenanstalt zur Sozialstation

 

von Hans-Benno Hauf

Im Jahr 1694 plant der Ginsheimer Pfarrer Eberhard Philipp Zühl mit Kollekten die Gründung eines Armenhauses für Kinder, deren Eltern in den Kriegswirren des Franzoseneinfalls 1693[1] ums Leben gekommen sind. Ob es ihm gelang, ist nicht überliefert.

1827 stiftet Pfarrer Ludwig Weyland mit einem Grundkapital von 200 Gulden eine Armenanstalt, in die Vermögende Brot und Geld beisteuern. Am 4. November 1854 genehmigt das Kreisamt die Statuten des von Pfarrer Wilhelm Wägner gegründeten Armenvereins, dessen Rechner der zweite Lehrer Heinrich Fröhlich wird.

1890 existieren in Ginsheim neben dem Armenverein auch zwei Krankenunterstützungsvereine[2].

In Gustavsburg gründet am 17. August 1909 der ev. Verein einen Fond zur Bestellung und Bezahlung einer Krankenpflege und schließt hierzu einen Vertrag mit dem Alice-Frauenverein in Mainz ab. Erste beim ev. Frauenverein fest eingestellte Krankenschwester wird am 14. Dezember Else Maus. Sie macht im Jahr darauf an 246 Tagen bei 88 Kranken 716 Besuche. Bei ihr lernen mittwochs und samstags etwa dreißig Kinder leichte Handarbeiten bei Spiel und Gesang. Als ihre Nachfolgerin benennt das Diakonissenhaus am 1. April 1920 Rosa Ruhm, die bei der Witwe Schad in der Darmstädter Landstraße Wohnung bezieht. Im selben Jahr wird von der Gemeinde in Ginsheim Fräulein Lenchen Stallmann aus Weisenau als Krankenschwester für ein jährliches Gehalt von 2000 Mark bei freier unmöblierter Wohnung und freier Beleuchtung und Heizung angestellt.

Die Gustavsburger Schwesternstation verzeichnet im ablaufenden Jahr 1931 insgesamt 2014 Krankenbesuche und 1887 Hilfeleistungen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wird die häusliche Krankenpflege in Gustavsburg weiterhin von der ev. Kirche, in Ginsheim von der Gemeindeverwaltung organisiert. Mitte 1968 kommt in Gustavsburg eine zweite Schwester hinzu und die politische Gemeinde beteiligt sich mit 50 % an den Personalkosten. Mit Beginn des Jahres 1981 ziehen sich die evangelische und katholische Kirche aus der gemeinsamen Finanzierung der häuslichen Krankenpflege in Gustavsburg zurück. Ersatz stellt fortan im Auftrag der Gemeindevertretung der Gemeindevorstand.

Mit Inkrafttreten der Satzung zur Inanspruchnahme der Sozialstation Ginsheim-Gustavsburg am 1.01.1991 sind eine Gemeindeschwester und ein Altenpfleger in Vollzeit und fünf Gemeindeschwestern in Teilzeit beschäftigt. Am 7. März 2001 ziehen drei Verwaltungsangestellte, 14 Pflegerinnen und Leiter Karl-Heinz Hennig in die  gemeinsame Sozialstation in Räumen der Villa Herrmann in der Mozartstraße ein. Ein Jahr später übernimmt die Sozialstation das Leistungsangebot Häusliche Pflege vom ASB Mainspitze einschließlich des Personals[3].

Nachdem sich aber  in den Folgejahren die finanziellen Verluste auf 250.000  Euro anhäufen, beschließt die Gemeindevertretung die Übergabe der Sozialstation Ginsheim-Gustavsburg mit 16 Mitarbeitern auf 10 Stellen zum 1.07.2008 an das Gesundheits- und Pflegezentrum Rüsselsheim.



[1] während des Pfälzischen Erbfolgekriegs.

[2] Denkmalsurkunde von 1890.

[3] Eine examinierte Krankenschwester, zwei Krankenpflege-Helferinnen und einer hauswirtschaftlichen Hilfe.

 
Klassische Ansicht

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