Neues vom Stadtschreiber: Dreimal täglich

 

Der erste Ginsheimer Briefträger war wohl ein Rudolf Mohr[1].

Rudolf Mohr kam als 17-jähriger aus dem sächsischen Wolfmannshausen-Meinigen nach Ginsheim und erlernte bei Schneidermeister Hauf in der Frankfurter Straße 1866 das Schneiderhandwerk. Er blieb in Ginsheim und machte sich selbständig. Seine Werkstatt eröffnete er in einem kleinen Haus in der Hauptstraße[2], wo er mit seiner Frau einen Kolonialwarenladen unterhielt. Schneidermeister, Kolonialwarenhändler, Briefträger in einer Person. Doch das war noch nicht alles, der katholische Rudolf trat sonntäglich in der evangelischen Kirche die Balken für das Gebläse der Orgel und sorgte dafür, dass der Organist stets genügend Luft für die Pfeifen hatte. Am 11. Juli 1877 heiratete er Katharina Barbara Schroth[3]. Zweimal brachte der Bauschheimer Postfahrer Karl Armbruster („Kätche-Karlche“[4]) mit Pferd und Wagen die Briefe und Pakete vom Gustavsburger Postamt zur Ginsheimer Poststelle und abends holte Rudolf Mohr die wichtigen Mitteilungen mit dem Fahrrad in Gustavsburg ab. Bei der täglich auszutragenden Post halfen ihm seine Tochter Elisabeth[5], genannt „Mohr-Liesje“ und später auch seine drei Enkelkinder. Eine davon, Katharina Laun[6], verheiratete Reibold und zuletzt in der Friedrich-Ebert-Straße bei Tochter und Schwiegersohn Karl Bender wohnhaft, taten dies auch noch während des ersten Weltkrieges. Dreimal täglich Post[7]: ein Service zu Zeiten von Schneidermeister Mohr. Noch ein echter Kundendienst und für eine Postkarte lediglich eine Fünfpfennig-Briefmarke. Es war einmal!


[1] geb. 10.10. 1849, Sohn des Bürgers Fritz Mohr und Katharina geb. Friedrich
[2] heute Anwesen Rheinischer Hof
[3] geb. 01.12.1851, Tochter von Johann Philipp Schroth und Anna Margarethe geb. Richter
[4] seine Mutter hatte ihm bis zum Schulbesuch Mädchenkleider angezogen
[5] geb. 12.08.1878 in Ginsheim, verheiratet seit 09.11.1902 mit Fabrikarbeiter Heinrich Laun * 20.09.1878
[6] geb. 06.02.1903 in Ginsheim, verheiratet seit 19.06.1926 mit Schuhmacher Peter Reibold * 11.01.1901
[7] nach einem Bericht von Otto Wenke, Recherchen von Dr. Hildegard Kastrup

 
Klassische Ansicht

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