Neues vom Stadtschreiber: Karl der Große auf der Mainspitze?

 

Von Hans-Benno Hauf

Der Lehrer und Heimatforscher Erich Neliba[1] stellte im Jahr 1959 eine so interessante These auf, dass es sich lohnt, sie hier vorzustellen, legt sie doch die Pfalz von Kaiser Karl dem Großen auf die Stelle der Schwedenfestung Gustavsburg. Dass an dieser Stelle sich eine römische Niederlassung befand, gilt seit 1632 als erwiesen. Beim Bau der Festung wurde umfangreiches Mauerwerk aufgedeckt und römische Grabdenkmäler und Altäre vorgefunden.

Über die genaue Lage der karolingischen Pfalz Cuffinstang, in der Karl der Große am 31. August 790 eine Urkunde ausstellte und 795 eine Reichsversammlung abhielt, streiten die Gelehrten. Erich Neliba nimmt an, dass die Erbauer der Festung nicht nur auf römisches sondern auch auf karolingisches Mauerwerk der Königspfalz „Cuffinstang“ stießen.

Aus dem römischen „caput stagni“[2] wurde zu Zeiten Karl des Großen Cuffinstang, im Jahre um 1000 n. Chr. dann Custem und seit dem 13. Jahrhundert Costheim.

Mit der beigegebenen Zeichnung belegt Neliba die einmalige Situation des Gustavsburger Geländes in spätrömischer und fränkischer Zeit als ideal von Wasser gesicherten Standort der Pfalz. Gerade die Tatsache, dass die Mainspitze von alters her Kostheimer Geländebesitz war, erhärte seine Annahme, daß hier am Südufer des Mains nicht nur der Standort eines Römerkastells, sondern auch die Pfalz Cuffinstang zu suchen sei. Als die Pfalzgebäude zu Grunde gingen und aufgegeben wurden, bestand die dazugehörige Siedlung am Nordufer weiter und trug den Namen in die Gegenwart. Schließlich weist der Heimatforscher zur Untermauerung seiner These darauf hin, dass die die Gustavsburger Mainspitze das ganze Mittelalter hindurch als das „Haupt“ –lateinisch caput- bezeichnet wurde und Kaiser Heinrich VII noch 1312 die Fürsten dorthin einbestellte. Auch beruft sich Erich Neliba auf Versuchsgrabungen, die bestätigten, dass die Römerstraße des Kastells caput stagni mitten durch den Torturm[3] der Festung Gustavs Adolfs führte.

In der Karte hat der Heimatforscher die alten Mainläufe und den jetzigen Mainlauf eingezeichnet. Der südliche Mainarm zweigte zwischen Rüsselsheim und Bischofsheim ab, lief durch die Kreuzlache auf Ginsheim zu und mündete oberhalb der Bleiaue und der kleineren Spittelau, auf der jetzt die Gastwirtschaft „Zum Heurigen“ steht, in den Rhein.



[1] Quelle: Die Burg, Mai 1959

[2] d.h. Brückenkopf oder Haupt im Sumpf

[3] Nachbildung heute auf der Ochsenwiese

 
Klassische Ansicht

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