Neues vom Stadtschreiber: Astheimer Provokationsgesang?

von Hans-Benno Hauf

Am 13. September 1716 entsendet der hessische Landgraf den Amtmann Martin Arnold nach Ginsheim. Er soll mit dem Schultheißen Traupel eine unglaubliche Provokation untersuchen, die am nächsten Tag wieder einmal zum öffentlichen Ärgernis durch die katholischen Astheimer ansteht, wenn sie mit ihren Nachen von dem Schwarzbach kommend an der Ginsheimer evangelischen Kirche nach Weisenau vorbeipilgern.

Jedes Jahr am 3. Mai 1) und 14. September 2) schmettern die tief gläubigen Astheimer vor der evangelischen Kirche den Gesang so laut in den Ort, dass es die protestantischen Ginsheimer richtig ärgert. Aber die Astheimer bekommen von der landgräflichen Aktion Wind und treiben am Wallfahrtstag stumm betend an Ginsheim vorbei. Das war auch 1717 so, aber wohl im Folgejahr nicht. Denn da beschwert sich der Astheimer Kaplan Franz Emmerich Diehl beim Mainzer Bischof darüber, daß sie von landgräflichen Soldaten während der Wallfahrt an der Schwarzbachmündung  mit Gewalt festgesetzt werden. Georg Roth und Matheis Friedrichen gehen in Ginsheim gar in Arrest und werden „noch selbigen Tages gegen drei Uhr mit gewehrter Hand nach Darmstadt geführet“. 

Mit amtlichem Schreiben zurück nach Ginsheim gebracht, aber „weder Brodt noch Wasser“ erhalten zu haben, müssen sie vor dem Schultheißen unterschreiben, „künftig auf dem darmstädtischen Territorio  solcher Gestalt nicht mehr singen zu wollen“. Der Gesang solle durch „andächtig stille Gebete“ ersetzt werden, solange durch andersgläubiges als kurmainzerischen Gebiets gefahren werde. Ob das Mainzer Domkapitel sich vor dreihundert Jahren den Astheimern mit einer Beschwerde bei der Darmstädter Regierung anschloss3)

1) Fest Kreuzfindung
2) Fest Kreuzerhöhung
3) Nach einer Vorlage in „Heimatspiegel, Blätter zur Pflege der Heimatkunde und Heimatliebe im Gerauer Land
   Nr. 31 vom 31. Juli 1931

 
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