Neues vom Stadtschreiber: Schrautenbachisches Gut zu Ginsheimvon Hans-Benno Hauf Wahrlich ein stattlicher Besitz der freiherrlichen
Adelsfamilie von Weitolshausen genannt Schrautenbach mit 303 hessischen Morgen1)
in Ginsheim, mehr als 5 Prozent der heutigen Gemarkungsfläche. Die
Schrautenbachs dienten in der hessisch-landgräflichen Leibgarde und werden
schon 1705 als Lehnsherrn urkundlich erwähnt. Am 1. April 1784 verleiht „von
Gottes Gnaden Max Ludwig, Landgraf zu Hessen“2) mit einem Lehensbrief3)
mit „hierauf gedrucktem Fürstlichen Siegel“4) das Schrautenbachische
Gut, aufgeteilt in 20 abgeteilte Lose, an Ginsheimer Bauern. Bei der Verteilung erhalten der Ortsbürger Johann Adam
Schorr und seine zukünftige Ehefrau Anna Katharina Schmoll aus Bischofsheim das
„zweyte Loos“. In elf Punkten des Vertrages, den der neue Lehensträger
„vor sich und seiner alten Mutter5)“ unterzeichnet, waren die
Übernahmebedingungen genau festgelegt. So waren die verliehenen 14 ½ Morgen und
31 Ruten6) in insgesamt 25 Flurstücken gut zu düngen und in den
Rainen und Grenzsteinen wohl zu erhalten. Für den „lebenslänglichen Genuß“ sind
37 Gulden an die Fürstliche Renterey Darmstadt zu zahlen, je ein Drittel an
Ostern der Jahre 1785 bis 1787 unter Einschluss von 5 Prozent Zinsen für die
Restschuld. Zudem ist ein jährlicher Zins von 60 Gulden, 30 vor
Johannis (24.6.) und 30 auf Martini (11.11.). Die jährliche Gans-, Feldhühner-
und Trappenjagd muss dem Fürsten abgeliefert und der Futteranteil für das
„Faßel Vieh“7) gestellt werden. Einen Zahlungsnachlass gewährte der
Landgraf nur im Falle totaler Überschwemmung, die gerichtlich „beaugenscheinigt
und taxirt“ werden musste. Lehnswesen und Zehntabgaben werden für Ginsheim am 1.
Januar 1839 aufgehoben8). Allerdings musste noch eine Ablösesumme
gezahlt werden, die für jeden Bauern errechnet wurde nach dem
„Zehnt-Ablösegesetz“ und eingezahlt werden musste in eine
„Staatsschulden-Tilgungs-Casse“ in einer Dreijahresfrist. Die Schuldscheine
wurden mit 4 Prozent verzinst. Johann Adam Schorr und Katharina heirateten am 13.1.1785,
wohnten im Fachwerkhaus mit dem geschnitzten Eckbalken, heute Hauptstraße 1 und
hatten fünf Töchter und drei Söhne.9)
1) hess. Morgen: 2500 m²,
2) Ludwig IX. 15.12.1719 bis 6.4.1790, Landgraf von
Hessen-Darmstadt von 1768 bis 1790
3) Übertragung von Hartmut Hirte
4) Original im hist. Archiv Ginsheim-Gustavsburg, siehe
Bild
5) der Vater war Gemeindevorsteher und starb 1783
6) 1 Frankfurter Rute: 12,5 m²
7) Zuchtvieh der Gemeinde
8) Eintrag im Saalbuch
9) Ergänzungen von Dr. Hildegard
Kastrup
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