Neues vom Stadtschreiber: Korz Kersch!

von Hans-Benno Hauf

Die heutige Landstraße von Ginsheim nach Gustavsburg wurde erst zu Beginn des vorigen Jahrhunderts gebaut, der Hochwasserdamm bestand erst seit 1898. Der gesamte Fahr- und Fußgängerverkehr zwischen der Gemeinde und der neuen „Filiale Gustavsburg“ fand auf dem Kostheimer Weg1 statt, der sich als schmaler Pfad zwischen den Feldern schlängelte und „es Käspäädche“ genannt wurde. Als wenige Monate nach Eröffnung der ersten Gustavsburger Schule auch ein Betsaal im Hause des heutigen Rathauses eingerichtet worden war2, hielt der Ginsheimer Pfarrer Ohly3 dort einmal im Monat Gottesdienst.

Auch am Nachmittag eines bitterkalten Wintersonntags ließ er sich von einem Ginsheimer Bäckermeister mit dem Stellwagen4 zur „Filiale“ fahren. Um „seine Leut auf der Burg“ nicht unnötig lange warten zu lassen, drängte der Pfarrer zur Eile. Und es passierte. Der Stellwagen kippte um und Bäckermeister und Pfarrer lagen auf dem Ackerfeld. Mit leichten Prellungen lädiert und vereinten Kräften brachten beide den Wagen wieder in die Spur und setzten ihre Fahrt fort.

Die Gustavsburger Gottesdienstbesucher hatten unterdessen mehr als eine Stunde gewartet. Schließlich setzte sich sich der Lehrer5 an die kleine Orgel und ließ die Gemeinde einen Choral anstimmen. Da ging die Tür auf und der vom Sturz noch mitgenommene Pfarrer trat herein. Er sprach nur noch den Segen und die Schulkinder und die Gemeinde freuten sich über die „korz Kersch“.

1) Haagweg
2) am 06.12. 1896
3) Adolph Albrecht Christian Ohly, * 1855 Kriegsheim, + 1920 in Ginsheim
4) veraltet für Fuhrwerk
5) vermutlich Herr von der Au, Quelle: Als Gustavsburg und Ginsheim noch weit auseinander lagen…, von Otto Wenke, Lokal-Anzeiger 1963

 
Klassische Ansicht

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