Neues vom Stadtschreiber: Was ist eigentlich eine „Neh“? von Hans-Benno Hauf

 

Als kleiner Junge glaubte ich, dass der Name der Ginsheimer Altrheinfähre von der Nähmaschine abgeleitet ist, weil der Motorantrieb für das Grundseil von Ferne sich wie eine Nähmaschine anhörte. Alte Ginsheimer sprachen nicht von der Fähre, sondern von der „Neh“. 

Und eine solche ist schon über 800 Jahre in Ginsheim nachweisbar, denn im Güterverzeichnis des Klosters Eberbach1 wird eine Rheinfähre zwischen beiden Ufern bei Weisenau genannt. Im Ginsheimer Weistum von 1486 ist den Fährleuten (Fergen, Färgen, Fährgen) ein eigenes Kapitel mit Rechten und Pflichten gewidmet, die am 29.11.1653 schriftlich erneuert und bestätigt wurden. Am 7. Juni 1854 heißt es in einem Schreiben an die großherzogliche Obersteuerdirektion in Darmstadt: „Bei Ginsheim besteht eine fiscalische Rheinfähre, welche an Private in Pacht gegeben ist. Daneben hat aber die Gemeinde Ginsheim das Recht und hat solches seit unvordenklichen Zeiten bis hierher ungestört ausgeübt, daß sie durch andere Privatschiffer die Ginsheimer Ortseinwohner und Ortsprodukte über den Rhein und nach Mainz insbesondere zum Markt daselbst um einen geringen Preis, den die Gemeinde ihren Schiffern festlegt, fahren läßt, wogegen diese auch noch die Verpflichtung haben, der Gemeinde Ginsheim bei hohem Wasserstand und jeder Wasser Gefahr ihre Nachen zum Zweck des Dammbaues oder Abwendung sonstiger Gefahr unentgeldlich zu stellen.“ 

Doch zurück zur „Nehe“. Merian zeigt 1645 in einem Stich „Eine Nehe beim Anlegen“ und Heinrich Weinheimer2 beschreibt die „Nehe“ als nachenartiges Wasserfahrzeug, in Fuhrwerksbreite gebaut, an beiden Enden mit pritschenartig ausladenden Ein- und Ausfahrten und mittels Ruder und Fischerhaken fortbewegt.

Der Volksmund hat neben Nehe verschiedene Schreibweisen3 hervorgebracht: Neewe (in der Gegend um Seligenstadt) Neef (in Rheinhessen bei Alzey) Näh (in Nassau, Oberhessen, Pfalz), mittelhochdeutsch Newe, Naewe oder Näue4, abgeleitet vom lateinischen navis  für das Schiff.

Quellen:
1)     Oculus Memoriae aus dem Jahr 1211
2)     1958 in Lebendige Heimat, ein uralter Rheinübergang
3)     nach Heinrich Tischner
4)     süddeutsches Wörterbuch

 
Klassische Ansicht

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