Neues vom Stadtschreiber: Leben mit dem Eis

 

von Hans-Benno Hauf

Von je her lebten die Ginsheimer mit dem Eis, gemeinsam in Freud und Leid. Aus dem Jahr 1830 berichtet Adam Guthmann1 „Das Eis war so dick und stark, daß es die dicksten Bäume aus der Wurzel riss, das Eis kam bis an die Pflugskaut2, wo es am Ruthenhebel3 ins Ort brechen wollte“. Zum Jahr 1845 schreibt Adam Hübner4 von einem kleinen Volksfest auf dem „kleinen Rhein“, wo am 10. März in einem aufgestellten Zelt sieben Schuhmachermeister mit ihren Gesellen und Lehrlingen mehrere Frauenschuhe und ein paar Herrenstiefel fertigten und auch zwei Pferden die Hufeisen beschlagen wurden.

50 Jahre später sei diese Veranstaltung auf dem zugefrorenen Altrhein durch Schuhmachermeister Philipp Hübner V. und dessen Bruder Johann Hübner II. mit ihren Söhnen wiederholt worden und die Schmiedemeister Wilhelm Kröll und Friedrich Stahl legten zwei Pferden die Eisen auf. „Ein Zug durch das Dorf, die Pferde voran, dann die Schuster mit ihren Schuhen, schließlich in langen Reihen die Schiffer- und Müllerzunft“.

Fünfzehn Jahre zuvor schieben sich in der Silvesternacht bis zu eindreiviertel Meter dicke Eisstücke an der Ginsheimer Dammböschung hinauf und drohen, die Häuser wegzudrücken und zwischen Bischofsheim und Gustavsburg bricht der Eisenbahndamm.

Am 11. Februar 1956 tummeln sich auf dem 50 Zentimeter dicken Altrheineis federgeschmückte Indianer, wild knallende Cowboys, Mexikanerinnen, Spanierinnen und schaffen ein farbenfrohes Fastnachtsbild mit winterlichem Hintergrund.

Im Winter 1962/1963 war der Rhein das letzte Mal streckenweise zugefroren. An der Loreley staute sich das Eis so stark auf, dass keine Eisbrecher mehr durchkamen und gesprengt werden musste.

Und in Ginsheim? Ich glaube, da bin ich zum letzten Mal mit meinen Schlittschuhen vom Bauschheimer Strandbad bis hoch zum Steindamm gefahren!

Quellen:

  1. Chronik der Familie Guthmann, Ginsheim
  2. 1852 Gewannkarte Buxbaum, Unter dem Holzweg, heute in Nähe der Pflugstraße
  3. 1852 Gewannkarte Buxbaum, Der Ruthenweg, heute Rheinstraße zwischen Mainzer- und Ringstraße
  4. Chronik des Adam Hübner, Ginsheim
  5. Bildarchiv Heimatmuseum
 
Klassische Ansicht

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