Neues vom Stadtschreiber: Mobilmachung - Ein wenig Weltgeschichte „gekurbelt“ (1)

Mobilmachungsbefehl
 

von Hans-Benno Hauf

Adam Dauborn ist Postagent in Ginsheim in der Frankfurter Straße 7. Gegen Ende Juli 1914 weist die Oberpostdirektion alle Poststellen an, Tag und Nacht telefonisch erreichbar zu sein. Im Safe liegt ein geheimnisvolles, versiegeltes Couvert, zu öffnen nur auf besondere Anweisung. Seit Tagen lösen sich die Familienmitglieder Tag und Nacht auf Telefonwache ab, wenn Adam Dauborn außer Haus ist. Am ersten August sitzt der fünfzehnjährige Georg Dauborn (2), der noch die Oberrealschule in Mainz besucht, allein in dem kleinen Postbüro, das über dem Nebenbau des Elternhauses liegt. Dort hängt an der Wand das Telefon, dessen Sprechmuschel sich je nach Größe des Telefonierenden nach oben oder unten verstellen lässt. Zum Aufgeben eines Telegramms muss dreimal an der Kurbel gedreht werden. Es ist 18.05 Uhr. Der Apparat klingelt. „Ich habe ein eiliges Telegramm für Sie“ ertönt es aufgeregt am Ende der Leitung. Georg Dauborn bekommt die Order, den geheimnisvollen Briefumschlag aus dem Tresor zu holen, zu öffnen und den Telegrammtext einzutragen. In dem Umschlag ist das schon vorgeschriebene Formular für die Mobilmachung, nur das Datum muss der Fünfzehnjährige noch eintragen. 

Der eilig informierte Vater Adam lässt den Telegramminhalt sofort bekanntgeben. Die Ginsheimer diskutieren auf der Straße, die patriotische Begeisterung schlägt hohe Wellen. Einzelne Häuser zeigen Flaggenschmuck. Die Menschen rüsten sich für einen Krieg, der an Weihnachten beendet sein soll. Doch es kommt anders. Auch Georg Dauborn zieht im Jahr 1917, inzwischen achtzehn Jahre alt, noch ins Feld ...

Quelle: 

  1. Allgemeine Zeitung Mainz vom 3. August 1964
  2. 13.05.1899 – 02.10.1975, Komponist, Dirigent und Heimatdichter, geehrt mit vielen Auszeichnungen und einer nach ihm genannten Anlage mit Brunnen in der Schulstraße
 
Klassische Ansicht

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