Neues vom Stadtschreiber: Ein Vertrag, ein Fußweg am Altrhein und eine weise Entscheidung

von Hans-Benno Hauf

Eine Vielzahl von Dokumenten1 befasst sich mit der Abtretung des Altrheinufers in der Gemarkung Ginsheim  ab 1853 an den Staat, der Verrechnung mit dem Fiskus, dem Mehrwert der Grundstücke und der vertraglichen Abwicklung. Nach einem Ortstermin zwischen Kreisbaumeister Renner und Bürgermeister Adam Schorr2 mit den Mitgliedern des Gemeinderats kam man am 11. August 1857 zur Übereinkunft, das gesamte Ufer vom „Großen Loch“ bis zur Schwarzbachmündung und von dort bis zur Mündung in den Rhein auf einer Breite von 15 Fuß gegen Tausch mit fiskalischem Grund in der Gemarkung abzutreten. Gleichzeitig sollte durch das Kreisbauamt der Landungsplatz vor Ginsheim auf 6 Fuß Pegelhöhe angehoben, das Fahrwasser von Schwarzbach bis Mündung in den Rhein vertieft und ein Weg von 15 Fuß Breite bis an die Spitze des Rabenwörth anzulegen. Der Gemeinde und den Ortsbürgern wurde verbrieft, die vorhandenen Fußwege und den Landungsplatz unentgeldlich zu nutzen, ihre Nachen und Fahrzeuge im Hafen zu überwintern. Zwecks Wasserholens hätte die Gemeinde sogar eine Einfahrt in den Rheinarm anlegen dürfen. Die Übereinkunft schließt mit dem Absatz: „Behalten uns das Recht vor, wenn es Verdruss im Hafen gibt, steht unseren Leuten das Recht zu und keinem Fremden“. 

Sieben Jahre dauert es, bis es zum Vertrag und dessen Rechtskraft kommt. In den kommenden Jahren fordert die Gemeinde ohne Erfolg die vereinbarten Leistungen ein, die Fertigstellung des Hafens, die Vertiefung des Fahrwassers. Obendrein aber stellt das Kreisbauamt 1871 Schilder auf, die das Betreten des Uferwegs verbieten und löst heftige Proteste aus. In einem regen Schriftverkehr zwischen dem Kreisamt und dem Kreisbauamt fordert Bürgermeister Schneider3 dies rückgängig zu machen. Die mehrfache Ablehnung dessen führt zur Entscheidung der Großherzoglichen Oberbaudirektion am 30. Oktober 1872 an das Groß-Gerauer Kreisbauamt: Da der Gemeinderat und sämtliche Einwohner von Ginsheim an dem Fortbestehen dieses Pfades in hohem Maße interessiert sind,…, glauben wir, daß Gründe der Billigkeit dafür sprechen dürften, die Benutzung dieses Pfades4 auch ferner zu gestatten… Selbst wenn der fragliche Fußpfad, welcher seit undenklicher Zeit besteht, verboten werden sollte, würden sich unzählige Interventionen von Seiten der Benutzer der Marktnachen oder der Weisenauer Fahr, sowie von allen, welche sich im Winter, während der Hafen teilweise zugefroren ist, eines Fahrzeugs bedienen wollen, unvermeidlich sein. Wir glauben deshalb, die Genehmigung zum Fortbestand des Fußpfades Ihnen angelegentlich empfehlen zu sollen.“  Dank dem standhaften, hartnäckigen Bürgermeister und der weisen großherzoglichen Oberbaudirektion nutzen wir heute noch den Weg von der Schwarzbachmündung bis zur Schiffsmühle an der Schokoladenseite von Ginsheim!

Quellen:
1)    Stadtarchiv Mainz, VOA 07, Kopien übertragen von Herta Krack
2)    Bürgermeister zumindest 1849
3)    Johann Philipp Schneider VII, Bürgermeister 1863 – 1892
4)    Uferweg

 
Klassische Ansicht

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