Neues vom Stadtschreiber ... Das Sendweistum von Ginsheim aus dem Jahr 1521

von Hans-Benno Hauf

Neben der weltlichen Gerichtsbarkeit gab es im Mittelalter bis in die Reformationszeit die so genannten Sendgerichte, der "heilige Sint oder Send" genannt, die im Rahmen der Kirchenvisitationen durchgeführt wurden.

Den genauen Ablauf legte ein Sendweistum fest. Ein solches Sendweistum für Ginsheim liegt heute nicht als Dokument vor, ist aber in dem Buch "Quellen zur Geschichte der Sendgerichte in Deutschland"1 überliefert.

Hier ein Auszug: "Zu dem ersten sal der sendherr kommen mit dritthalben man, mit dritthalben Pferde und sal nit kommen im wege oder usswendig des weges. Zu dem anderen sal ein glockner stehen vor dem Fallthor in eysnem weyssen cleide, mit eynem weyssen stabe, mit einem weyssen becher, mit eyner maiss wins und sal den sendherrn entphangen und zu drinken geben und sal das pferd nehmen bey dem zaum und den herrn fuhren uff den widdum."

Übertragen2 heißt dies: Der Herr der Synode, meist der Erzbischof, soll mit zwei Geistlichen und einem Schuljungen auf zwei Pferden und einem kleinen Pferd oder Esel ins Dorf reiten, aber nicht mitten im Weg, wo es schmutzig ist und auch nicht durch die Felder. Der Glockner soll vor dem Dorfzaun in einem weißen Kleid auf den Sendherr mit einem Stab als Erkennungszeichen warten, ihm ein Maß Wein zu trinken geben, das Pferd des Herrn beim Zaum auf den Pfarrhof führen.

Das Sendweistum enthält weitere strenge Vorschriften: Auf dem Pfarrhof soll der Sendherr vom Einnehmer des Zehnten empfangen und samt Pfarrer, den sieben Kirchengeschworenen, den Glockner und den Schmied bewirtet werden. Falls der Erzbischof über Nacht bleiben wollte, musste den Pferden Stroh bis zum Brustriemen, Hafer bis an die Augen gegeben werden. Ein Bett mit weißem Laken und eine beheizte Schlafstatt war ihm zu stellen und am nächsten Tag hatten die sieben Kirchengeschworenen je ein Huhn oder ein Maß Wein zu bringen. Der Schmied musste vier gestemmte und ungelochte Hufeisen, der Glockner einen Scheffel Hafer abgeben. Die Gemeinde hatte 15 Schilling in Hellern, jede Familie, außer den Kirchengeschworenen, einen Heller zu entrichten. Bei der zweiten Sitzung mussten die im Ort ansässigen Händler je 2 Pfennige, der Zehnteinnehmer 15 Tournois Synodalgeld und 5 Albus Stuhlgeld entrichten. Sollte der "gnedigste Herr von Mentz" (Mainzer Erzbischof) selbst den Vorsitz des Sendgerichtes führen, erschien er mit vier Mann und einem Schuljungen sowie vier Pferden und einem Fohlen oder Esel. In diesem Falle waren ihm 30 Tournois Synodalgeld und 10 Albus Stuhlgeld abzuliefern.

In einem Synodalregister von Bensheim3 ist vermerkt, dass der Pfarrverweser zu Ginsheim 13 Heller an Syno-dalgebühren zu zahlen hatte. 1521 war das der Ginsheimer Pfarrer Jakob Kreich4.
Die Kirchenvisitation im ausgehenden Mittelalter war demnach nicht nur ein freudiges Ereignis. Oft fanden auch zwei Visitationen im Jahr statt. Und bei aller Gastfreundschaft: sie waren eine recht teure Angelegenheit für die Ginsheimer.

Quellen:
1) Koeniger, S. 132 bis 133
2) mit freundlicher Unterstützung von Heinrich Tischner, Bensheim
3) Würdtwein, Tom.I.page 422 in Historisch-topographisch-statistische Beschreibung des Fürstentums Lorsch von Konrad Dahl 1812
4) Anmerkung von Konrad Dahl zum Text des Sendweistums, Ausgabe 1812

 
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