Neues vom Stadtschreiber ... Die Ginsheimer Kerb (Teil 2)

von Hans-Benno Hauf

263 Jahre her ist das Kirchweihfest der 1746 erbauten evangelischen Kirche zu Ginsheim. Wie oft in all den Jahren "Kerb" gefeiert wurde, ist nicht sicher belegt. Zeugnisse finden sich in der Kirchenchronik, in Bildern, Dokumenten und Zeitungen.

Vor 70 Jahren waren G. Fischer, K. Schauer, Ph. Laun, Thomas, H. Härtling, H. Fischer, H. Reinheimer, F. Weber, G. Kalowitz, G. Stahl, Ph. Stahl, Ph. Merz die Kerweborsch und Merkel W. Stahl.

Im August 1939 schrieb Heimatdichter Georg Dauborn folgenden Kerwespruch:

Ortsbewohner! Liebe Gäste !
Man hat zu dem Kirchweihfeste mir den Auftrag überwiesen, Euch herzlich zu begrüßen.
Drum will ich vor allem heute, all die vielen fremden Leute,
die herzlich laden wir Euch ein, tut als wärt ihr hier daheim.
Stillt den Durst und esst Euch satt, und wer Rheumatismus hat,
dem verrat ich ne Arznei! "Fest getanzt, dann geht`s vorbei."
Auf Befehl der Ortsverwaltung, soll ich zu de Ausgestaltung
unsrer Kirchweih noch verkünden:"Wen geeignet wir befinden,
dass er tüchtig trinken kann, stellt beim Essen seinen Mann.
Wer viel tanzt und lustig ist, das Bezahlen nicht vergisst,
wird "Bescheinigung" bekommen, er darf Nächst-Jahr wiederkommen!

Doch nun will ich aach Eich liewe, süße Ginsemer Määdcher emol begrüße!
Was habt ihr Eich doch iwwer Nacht uff aamol heit so schick gemacht.
Wie schee iss Eier Kerweklaad, ihr habt aach sicher mol gebad.
Mit einem Wort: ihr seid so schee, mer kennt Eich beinoh gar net meh!
Ihr seid doch aach bestimmt heit froh, dass unser Kerb iss widder do.
Ihr denkt bestimmt schon dro, seit Woche, beim Flicke, Butze unn beim Koche.
beim Dickworzhacke, bei de Kieh, singt ihr des Lied von "bell ami".
Unn wie die Schlager sunst noch haase, die kenn heit schon bald die Gaase.
Beim Spargelstecke und beim Glecke, im Hof, im Stall, in alle Ecke
wo Ihr Eich unbeobacht spiert, habt Ihr den "lambeth walk" trainiert.
Doch die Denz kennt ihr unnerlosse, s`iss nett viel los mit dene Bosse.
Denn was von England riwwer kimmt, bei uns kaan Mensch mehr ernstlich nimmt.
Mir dun uns trotzdem amüssiere, wann se aach Einkreis-Dänz ufführe.
Un nun zu Eich Ihr liewe Mütter, wie habt Ihr Eich beklagt so bitter,
es gäb kaa Butter unn ka Eier, unn aach des Fett wär rar unn deier.
Jetzt hort doch endlich uff zu fluche, habt ihr dan Eier Kerwekuche,
so wie er Eich dehaam olacht, von Gips unn Chosseedreck gemacht?
Freit Eich doch heit mit Eire Kinner, denkt immer dran, dass man es schlimmer
als wie es iss, oft mache tut. Unn wer lang schennt, dem geht's lang gut.

Unn jetzt ihr Väter, uffgehorscht! En Kerweborsch hot immer Dorscht.
Die Wert, die dun uns heit nix bumbe, drum lasst Eich heit emol net lumbe.
Mer trinke aach heit owend mol en große Schluck uff Eier Wohl.
Unn weil mer grad am Trinke sinn, do schenke mer emol jetzt inn.
Der Woi der muss im Glase blinke, wann mer uffs Wohl vum Gastwert trinke.
Aach soi Familie die soll lewe, unn unser goldig ginsem denewe.

Zum Schluß hab ich noch eine Bitt. In Ginsem macht heit alles mit.
Es iss nur aamol Kerb im Johr, unn die muß werde wieder kloor.
Heit bleibt kaan Mensch deham im Haus, die älteste Leidcher misse raus,
die Kinner wolle Reitschul fahrn, noch Nochkerb dun mer widder sparn.
Unn die Soldate, des iss sicher, gehen heit sicher ran wie Blücher.
Wer heit kein Kerwebobbche hat, das ist kaan richtiger Soldat.

Doch wenn ihr bei dem gude Woi, geguckt zu tief ins Glas enoi,
dann leet Euch doch e Stund uffs Ohr, dann wird es eisch schun widder kloo.r
Macht kaan Spektakel unn Geschrei, an Kerb muss es gemütlich soi.

Un nun ihr lieben Musikanten, wir wollen jetzt auch bald mal tanzen!
Blast einen Marsch und spielet fein, die Kerweborsch zum....hinein!

Vor 50 Jahren entstanden die nachfolgenden Bilder der Rhoischnoke-Kerweborsch.

Kerweborsch Jahrgang 1940 an Kerb 1959 in der RingstraßeKerweborsch Jahrgang 1940 an Kerb 1959 in der Ringstraße

Oben, von links: Horst Fey, Albrecht Hübner, Jupp Scheer, Alfred Schiener, ?, Rudi Isbrecht, Günter Darnieder, Werner Reinheimer, Bruno Alka, Klaus Mathes (Merkel), Wilfried Reinheimer, Bernd Haneberger, Herbert Guthmann, Hans Alka, Günter Scheld, Jochen Heyn, Gerhard Schonfelder, Rolf Ullmann.
Vorne, von links: Arnold Mazorowski, Bruno Dietrich, Klaus Ton, Manfred Schrepfer, Adam Irrgang, Erwin Schneider, Hubert Scherner, Dietrich Ittner

Bilder der Kerb vor 70 Jahren waren in der Kerwezeitung 1968 abgedruckt, sind mir aber als Foto nicht zugänglich. Den Kerwespruch aus dem Jahr 1959 konnte ich bisher nicht finden. Vielleicht schlummert beides in privaten Unterlagen und kann leihweise zur Dokumentation zur Verfügung gestellt werden.

Gleiches gilt auch für Kerwezeitungen, Kerwesprüche und Bilder anderer Jahre.

 
Klassische Ansicht

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