Neues vom Stadtschreiber ... Die Trajanbrücke über den Main

von Hans-Benno Hauf 

Während der Binnenschifffahrt durch den außerordentlich niedrigen Wasserstand des Spätsommers 1959 Note und Gefahren erwuchsen, tauchten sie wieder auf, die Pfahlroste einer Romerbrücke im Mainbett zwischen der alten Schiffswerft und Mauertreppe der Kostheimer Kirche in fast genau nord-südlicher Richtung. Bereits 1896 wurden die mächtigen Eichenstämme im Flussbett von einer Kommission des Mainzer Altertumsmuseums untersucht und schon damals einwandfrei als Pfeiler einer Romerbrücke erkannt (Westdeutsche Zeitschrift 1896, Seite 18). In einem 1960 erschienenen Bericht beschreibt Erich Neliba die Lage der Brücke. Auffallend war, dass die Pfahlreihen keineswegs parallel zum Fluss verlaufen, wie man hätte annehmen konnen. Er erklärt die Anordnung damit, dass der Main zur Romerzeit hinter Kostheim in einer starken Rechtskrümmung abbog und in Richtung des Floßhafens nach Kastel stromte. Also war die Brücke dem damaligen Flusslauf genau angepasst.

Auf Veranlassung von Bürgermeister Brunner wurden unter Leitung von Gemeindebaumeister Lang die einzigartigen historischen Reste genau vermessen. Es zeigte sich, dass jeder Brückenpfeiler aus vier Reihen zu je zwanzig Stämmen bestand. Der Abstand zwischen den Pfeilern betrug rund 18 Meter. Insgesamt wurden rund 200 Pfähle von rund 30 Zentimeter Durchmesser gezählt, die durchweg 3,50 bis 4 Meter tief in den Boden gerammt waren. Die Pfähle wurden mit weißer Farbe markiert, in eine Zeichnung aufgenommen und von der Kostheimer Brücke fotografiert.

Unter der Regierung des Kaisers Domitian (81 - 96 n. Chr.) ließ der Statthalter von Obergermanien, der spätere Kaiser Trajanus (98 - 117 n. Chr.), eine Verbindungsstraße von Mainz nach den Kastellen an der Donau anlegen. Ihr Ausgangspunkt war der Brückenkopf Castellum Mattiacorum gegenüber von Mainz, das heutige Kastel. Zwischen Kostheim und Gustavsburg überquerte diese Straße auf einer festen Brücke den Main und erreichte über Trebur, Dornberg und Gernsheim das Kastell Ladenburg am Neckar. Der Bau der Trajanbrücke über den Main wird auf die Jahre um 90 nach Christus datiert.

Vor 50 Jahren forderte Erich Neliba die Sicherung des Landpfeilers mit einer kleinen Mauer als einzigartiges historisches Denkmal, das, nachdem die Zeugnisse anderer Romerbrücken den Uferregulierungen zum Opfer fielen, nach seinen Forschungen an keiner anderen Stelle Deutschlands mehr anzutreffen ist. Die Forderung fand meines Wissens kein Gehor.

Die Anfang Oktober 1959 vorgenommenen Arbeiten beim Vermessen und Bergen einiger Pfähle lockten Tag für Tag große Menschenmengen an die historische Stätte. Derzeit sinken die Pegel in Main und Rhein. Vielleicht kann dann - wie damals berichtet - die Schuljugend mit großem Eifer sich wieder an der Durchsuchung des Bodens nach historischen Überresten beteiligen. Und kommt es nicht dazu: Vielleicht finden sich in alten Unterlagen noch Bilder des Ereignisses, die mir leihweise zur Verfügung gestellt werden konnten.

Quelle: Die Burg Nr. 10, Januar 1960

 
Klassische Ansicht

Bitte wählen Sie Ihre Cookie-Präferenzen