Zeitung

Neues vom Stadtschreiber: Tausend Zentner Kartoffeln

von Hans-Benno Hauf

Im November 1915 schreibt Pfarrer Strack im Gemeindeblatt für die evangelische Kirchengemeinde Gustavsburg[1]: „Rund 1000 Zentner Kartoffel hat der evangelische Verein bis jetzt den Einwohnern vermittelt. 250 Zentner sollen noch kommen. Daß der Verein hierdurch eine neue und schwere Aufgabe übernahm, darüber war sich der Vorstand von vornherein im klaren; aber er glaubte, in diesem Jahr diese Aufgabe übernehmen zu müssen, um dem Mangel an diesem wichtigen Nahrungsmittel abzuhelfen. Im Großen und Ganzen hat auch alles gut geklappt und den verschiedenen freiwilligen Helfern sei der Dank der Allgemeinheit ausgesprochen. Wir hatten damit gerechnet, daß auch solche da sind, die mit den Kartoffeln nicht zufrieden sind,  - es gibt Leute, denen es nicht Recht zu machen ist – aber damit, daß in einem Wagen wirklich schlechte Kartoffel sich befanden, hatten wir nicht gerechnet. Erschwerend war dabei  der Umstand, daß die Kartoffeln nicht von uns, sondern von der Bürgermeisterei Ginsheim bestellt waren, wir also den Lieferanten nicht direkt zur Rechenschaft ziehen konnten. Wir hatten also keinen Einfluß auf die Güte der Kartoffel und bedauern es, daß eine Sendung (sie stammte aus Klein-Gerau) schlecht ausgefallen ist. Es ist sicherlich auch Kriegswucher, wenn Leute einen solchen gemeinnützigen Kartoffelbezug ausnutzen, um schlechte Kartoffel unterzubringen. Aber auch bei guter Lieferung muß man bei dem gemeinsamen Bezug mancherlei in Kauf nehmen, was bei dem Bezug im Kleinen wegfällt. Es wird nötig sein, daß die Kartoffeln gut aufbewahrt und öfter nachgesehen werden. Die beschädigten oder fäulnisverdächtigen sind auszulesen und zuerst zu verbrauchen. Für Lüftung der Keller ist zu sorgen. Auch ist es gut, wenn die Kartoffel weit ausgebreitet werden können. In dieser Zeit der Fett- und Fleischknappheit ist die Kartoffel ganz besonders dazu berufen, uns durch den zweiten Kriegswinter hindurchzuhelfen.“

[1] Die Gustavsburg Nr. 11, 3. Jahrgang

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