Neues vom Stadtschreiber: Pfarrer Karl Knabvon Hans-Benno Hauf Nach zwei
Jahren im Ersten Weltkrieg als Feldgeistlicher in Frankreich kommt Karl Knab[1]
am 02.12.1917 als erster ev. Pfarrer nach Gustavsburg, wo er sich mit großer
Energie für die Kirchengemeinde engagiert. Er bleibt jedoch bis heute eine
umstrittene Persönlichkeit[2].
In seiner ultrakonservativen Haltung
fordert er beispielsweise 1921 öffentlich gesonderte Badeplätze für Jungen und
Mädchen. Trotz seiner späteren aktiven Nähe zum Nationalsozialismus wird er während
seiner Dienstzeit in Gustavsburg und noch Jahre danach von vielen Menschen für
sein soziales und kulturelles Engagement geachtet. Durch den evangelischen
Frauenverein organisiert er Hilfe für Arbeitslose, sammelt Geld und baut das „Altleute-
und Wöchnerinnen-Heim“, initiiert einen Kirchenchor und fördert die
Beratungsstelle für Säuglingspflege. Er gründet 1918 den evangelischen
Bläserchor, der bald überregionalen Ruf erlangt. Der deutschnational geprägte
Geistliche kommt aber schnell mit der französischen Besatzung in Konflikt und
wird vom Gerichtshof in Mainz zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er mit
seinem Bläserchor in Worms ein „Hasslied“ öffentlich intonierte. Schließlich erfolgt
1923 vom Amtsgericht Wiesbaden für sechzehn Monate die Ausweisung aus der
französisch besetzten Zone. Er hatte eine
Kollekte, erhoben für die von ihm aufgebaute Schwesternstation, als „Ruhrspende“ der
Kirchenbehörde eingesandt. 1925 gründet er den Verband ev. Posaunenchöre
in Starkenburg, 1928 den Verband kirchlicher Posaunenchöre in Hessen und baut
Verbindungen zu den Gemeinden in der Steiermark/Österreich auf. 1930 spricht er
erstmals zu bildungspolitischen Themen bei einer Versammlung der NSDAP, in der
er ein Jahr später Mitglied wird. Er steigt zum Ortsgruppenführer, Gauredner
und Stadtratsmitglied für die Partei in Mainz auf. 1933 übt er die Funktion des
Kirchengauleiters der Deutschen Christen für Hessen-Darmstadt aus. Weil er bei
einem Auftritt des völlig betrunkenen NS-Reichsstatthalters Jakob Sprenger in
Mainz seine Empörung lautstark öffentlich bekundet[3],
wird er sämtlicher Parteiämter enthoben und schließlich nach St. Goarshausen
versetzt. Nach dem zweiten Weltkrieg lebt Karl Knab in Frankfurt, hält aber noch
lange Jahre Kontakt zu Mitgliedern der Gemeinde in Gustavsburg. Nach seiner
Pensionierung übt der Pfarrer bis ins hohe Alter täglich die Seelsorge in drei
Kliniken des Frankfurter Stadtkrankenhauses[4]
aus. Das Bild zeigt ihn (5. von links) inmitten seines Bläserchores im Jahr 1921 vor dem Gerberhaus Gustavsburg. [1] geboren 10.01.1880 in Klein-Karben, gestorben 1973 in Langen [2] L. Kakucs, Das Leben in Ginsheim-Gustavsburg im Wandel der Zeit [3] Quellenband zur Ausstellung „Die Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 in Mainz“, Verweis Nr. 5 [4] Lokalanzeiger Bischofsheim, 29.01.1960 |