Konzeption, Forschung, Texte und Abbildungen: Christine Hartwig-Thürmer
Gestaltung: Ute Sixel
Projektleitung: Andreas Klopp
(März 2020)
AUSLÄNDER-EINSATZ (Stele I)
NS-Diktatur 1933 – 1945 auch in Gustavsburg (Ergänzung)
Bild: Stolz
auf die M.A.N - Tradition im Werk Gustavsburg seit 1860 – auch
unterm Hakenkreuz. Direktor A. Deininger neben dem Jubilar (Foto aus Gemeindearchiv Bischofsheim)
Bild: Äußere
Form – oder innere Überzeugung?
Zum
50. Dienstjubiläum findet die Feier vor 1936 unter Führerbild und
Hakenkreuz statt.
(Foto aus Gemeindearchiv
Bischofsheim)
Seit
1. Oktober 1936
führt Richard
Reinhardt das
Werk Gustavsburg. Er
ist auch Vorstandsmitglied der M.A.N. und sorgt weiter für eine
breite Produkt-Palette: Brücken, Schleusen- und Werftanlagen,
Theaterbau, Gasbehälter, Maschinen aller Art, Zulieferer für
Panzer, Waggons und Lastwagen sowie Pumpen und Rührwerke für die
chemische Industrie.
Direktor
Reinhardt ist kein Nationalsozialist, er arbeitet jedoch mit den
Behörden von Staat und Militär für die Firma erfolgreich zusammen. Seine
Entscheidungshoheit setzt er in betrieblichen Belangen, aber auch in
der Gemeinde Gustavsburg durch, manchmal auch gegen verschiedene
NS-Stellen.
Als
der Ortsgruppenleiter, Georg Less, einen M.A.N.-Mitarbeiter wegen
seiner jüdischen Ehefrau, Amalie Hartmann, bedroht, die Familie
müsse aus der Wohnung ausziehen und bekäme keine Lebensmittelkarten
mehr, setzt sich Richard Reinhardt erfolgreich für die Familie ein.
Wenn nötig, würde die Familie von Wilhelm Hartmann mit
Lebensmitteln aus dem Hofgut der M.A.N. auf der Bleiau versorgt.
(Hier war den ganzen Krieg hindurch bis in die 60er Jahre hinein ein
landwirtschaftlicher Betrieb, der auch Fachkräfte ausbildete.) Damit
stellt er sich in scharfen Gegensatz zur örtlichen Parteipolitik.
1942
wird der GHH-Konzernchef Paul Reusch von Hermann Göring zum
Rücktritt gezwungen. Jetzt entschließt sich Richard Reinhardt
entgegen seiner politischen Auffassung zum Eintritt in die NSDAP, um
die M.A.N. Gustavsburg nicht in nationalsozialistische Hände fallen
zu lassen.
Bild: Richard Reinhardt (Foto aus Privatbesitz)
„Meine
Stellung als leitender Direktor des Werkes Gustavsburg mit tausenden
von Arbeitern und Angestellten und einem umfangreichen
Produktionsprogramm ergab sehr viele Berührungspunkte mit örtlichen
und höheren Parteistellen und sonstigen Gliederungen, ferner mit
zahlreichen Behörden, Wirtschaftsgruppen und Ausschüssen, die
selbstverständlich alle im nationalsozialistischen Sinne geleitet
waren und zu arbeiten pflegten. Infolgedessen war es für mich nicht
einfach, Eigenart und Abstand zu wahren, denn die Fügsamkeit des
Menschen gegenüber episodischen Strömungen ist trübselig.“
(R.
Reinhardt, 1946)
„Bei
den Berliner Behörden spielte die Rassereinheit eine große Rolle.
Ich kann mich noch erinnern, wie ich am 27.1.1943 in dem Ministerium
angeschrien wurde, es sei eine Schweinerei, dass in unserer Firma,
nämlich dem Augsburger Werk, noch fünf Juden in den oberen Stellen
saßen und der leitende Direktor [Otto Mayer] sich von seiner Jüdin
nicht scheiden lasse. Es war mit Anstrengungen und Aufregungen
verbunden, die rabiaten Rassetheoretiker von der Anwendung ihrer
Grundsätze auf unsere Firma zurückzuhalten.“ (R.
Reinhardt 1946)
In
dem Verfahren vor der Spruchkammer Groß-Gerau 1947 wurden von den
aufgerufenen Zeugen der Verteidigung, aber auch von den Zeugen der
Anklage, zahlreiche Beispiele dafür gegeben, wie Richard Reinhardt
seine Leitungsfunktion als Direktor zum Schutz seiner Mitarbeiter
erfolgreich ausübte. Hier ein besonders risikoreiches Beispiel:
„Der
Leiter der M.A.N. Werksfeuerwehr, Feuerwehrmajor Kirchner, wurde
durch das Eintreten Reinhardts vor dem Zugriff der Gestapo gerettet.
Diese hatte ihn, weil er abgeschossene amerikanische Flieger,
entgegen der Instruktion, vor dem Lynchmord bewahrte, als angeblich
geisteskrank in eine Irrenanstalt interniert.“ (Aussage
im Spruchkammerverfahren 1947)
Im 2. Weltkrieg: M.A.N.-Mitarbeiter an die Front – Zwangsarbeiter nach Mainz-Gustavsburg (Ergänzung)
Der Krieg, der von Adolf
Hitler und den Nationalsozialisten angezettelt und mit dem Überfall
der Deutschen Wehrmacht auf Polen am 1.9.1939 begonnen wurde, sorgte
mit den Siegen über Polen und Frankreich erst einmal für Jubel.
Vor einem Bruch des
Hitler-Stalin-Paktes durch einen Angriff auf die Sowjetunion warnten
dagegen manche Verantwortliche in Regierung und Militär. Doch als
Diktator konnte Hitler jetzt verwirklichen, was er schon 1924 in
seinem ideologischen Programm „Mein Kampf“ genannt hatte:
Eroberung in Richtung Osten mit dem Ziel der ‚Weltherrschaft‘.
Albert Speer sollte ohne Rücksichten die Wirtschaftsproduktion dazu
antreiben.
Zwangsarbeiter wurden aus
allen von der Deutschen Wehrmacht besetzten Ländern rekrutiert.
Seit dem Überfall auf die
Sowjetunion im Juni 1941 brachte man hunderttausende von jungen
arbeitsfähigen Männern nach Deutschland, aber zunehmend auch junge
Frauen und ganze Familien. Jeder Betrieb stand in großer Konkurrenz
um diese Arbeitskräfte. Manche Industriekonzerne erweiterten ihre
Produktion durch diese für sie ‚billigen Arbeitskräfte‘ .
Die M.A.N. Gustavsburg
belegt, dass jeweils nur so viele Arbeitskräfte angefordert wurden,
wie durch Einziehung zur Wehrmacht oder zur Flak Fachkräfte
abgegeben werden mussten. (Statistiken in den
„Internen Monatsberichten“ 1940-45, Historisches Archiv der MAN,
Augsburg)
Für den Einsatz im
Betrieb war der M.A.N.-Direktor verantwortlich. In den einzelnen
Abteilungen gaben die Abteilungsleiter und die Meister die
Anweisungen. Die Arbeitszeit stieg von 48 auf 52 Wochenstunden.
Der
auch für Werbung zuständige Fotograf der M.A.N. Gustavsburg,
Hoffmann, dokumentierte die Maßnahmen zur Einarbeitung der
ausländischen Arbeitskräfte 1942:
Bild: Russische
und ukrainische Frauen und Männer („Ost“-Arbeiter – siehe die
Armbinde rechts im Bild) werden im Schweißen angeleitet. (Foto aus: HHStA Wi, 520, R. Reinhardt)
Bild: Der
Umgang mit einer Maschine wird eingeübt. Der Dolmetscher der M.A.N.,
Theodor Reé (mit Hut), hilft
mit Übersetzungen der Erklärungen. (Foto aus: HHStA Wi, 520, R. Reinhardt)
Bild: Kurse
zur Qualifizierung von ausländischen Arbeitskräften als Schweißer.
Eine
Teilnahme an Kursen ermöglichte eine höhere Eingruppierung in den
Verpflegungsgruppen. (Foto aus: HHStA Wi, 520, R. Reinhardt)
Bild: Fachunterricht (Foto aus: HHStA Wi, 520, R. Reinhardt)
Bild: Deutschkurse
für russische Muttersprachler. (HHStA
Wi, 520, R. Reinhardt)
Für die deutschen
Betriebsangehörigen und ihre Familien ließ Direktor Reinhardt
Schutz-Bunker bauen; die Zwangsarbeiter konnten wegen der Anweisungen
der NS-Regierung nur in Splittergräben Schutz suchen.
kurzes
Video über den M.A.N.-Bunker: https://vimeo.com/386788681
Auf den zahlreichen
Baustellen in Deutschland, aber auch in den besetzten west- und
osteuropäischen Gebieten, wurden einzelne ausländische Fachkräfte
der M.A.N. eingesetzt. Ein Beispiel:
Für die IG Farben
lieferte die M.A.N.-Gustavsburg ab 1941 Hallen und Rohrbrücken für
den Aufbau des Buna-Werks in Auschwitz-Monowitz. Etwa
dreißig eigene Arbeitskräfte wurden hier eingesetzt. (Interne
Studie von Dr. Appelbaum als unabhängigem Gutachter im Auftrag des
M.A.N. Vorstandes, Histor. Archiv der MAN München, 2000)
Im Januar 1945 kehrten
sie, darunter der 34-jährige Radio-Installateur Arin Cornelis Van
Driest und der 23-jährige Maschinenschlosser Hendrik Wilhelm Van
Dryk, nach Gustavsburg ins M.A.N.-Lager zurück. (Gustavsburger
Ausländerkartei 1940-1945) Die geheimen
internen Monatsberichte Januar 1945 vermerken: „Die Montage bei dem
Werk Auschwitz der I.G.-Farben musste wegen der militärischen
Ereignisse abgebrochen werden.“ (Hist. Archiv
der MAN, Augsburg)
Bild: Auschwitz-Monowitz,
aus dem Dokumentarfilm „Monowitz ein Tatort“ von Alfred
Jungraithmayr, 2002, dvd: absolut-medien 2015
Menschen wie wir? Nationalsozialistische Anweisungen für den Ausländereinsatz (Ergänzung)
Deutschland
ist schon lange kein demokratischer Rechtsstaat mehr, als die
Wehrmacht am 1.9.1939 mit dem Überfall auf Polen den
Eroberungskrieg Richtung Osten beginnt.
Im
2. Weltkrieg wird jeder Ausländer als Feind angesehen. Trotzdem
entscheidet sich die NS-Regierung, Millionen Ausländer als
Arbeitskräfte nach Deutschland zu holen – oft unter Anwendung von
Gewalt und durch Misshandlungen gezwungen. Denn die deutsche
Wirtschaft war auf sie angewiesen.
Der
NS-Staat setzte unter dem „Führer“ Adolf Hitler die
Rahmenbedingungen für den Einsatz von ausländischen Arbeitskräften
fest. Die
Rassen-Ideologie der
Nationalsozialisten missachtet die Würde der Menschen. Je nach
Herkunft wird den Menschen ein unterschiedlicher Wert zugemessen. Danach
richten sich auch die Anweisungen zur Behandlung der ausländischen
Arbeitskräfte: Bezahlung, Unterbringung, Essen, usw.
Der
deutschen Bevölkerung wird der Kontakt mit Ausländern verboten. Drastische
Strafen sollten die Deutschen abschrecken, sich mit den Franzosen,
Belgiern, und Holländern – den sogenannten „Westarbeitern“ –,
vor allem aber mit den Russen, Weißrussen und Ukrainern – den
sogenannten „Ostarbeitern“ – anzufreunden.
Bild: Geheime
Mitteilung der Gestapo Stelle Frankfurt/M, 15.2.1943 – „Betrifft:
Behandlung der im Reich eingesetzten ausländischen Arbeitskräfte
und Kriegsgefangenen“ – Detaillierte
Anweisung der Geheimen Staatspolizei Frankfurt/M zur Behandlung von
Ausländern vom 15.2.1943 (Seite 1 von 20,
ITS, 1.1.0.6./82335754)
Die vielfache Wiederholung der
Anordnungen der Gestapo zeigt aber auch, dass die menschliche Nähe
am Arbeitsplatz nicht einfach verboten werden konnte. Für überzeugte
Nationalsozialisten und schlechte Charaktere rechtfertigten diese
Anweisungen aber ein willkürliches und brutales Vorgehen gegen die
ausländischen Arbeiter und Arbeiterinnen.
Das Barackenlager auf dem M.A.N.-Betriebsgelände – ein „Rosengarten“? (Ergänzung)
Foto: Luftbild vom M.A.N. Werksgelände.
Rechts unten das Ausländerlager.
Das Leben außerhalb der
Werkstätten spielte sich in den Lagern ab. Bevor
das Barackenlager auf dem Werksgelände (siehe oben) 1942 fertig
gestellt war, wurden die ausländischen Arbeitskräfte in einem
kleinen Lager am Friedhof, einem in der Landdammstraße 21, in der
Darmstädter Landstraße „bei Sauerbier“ und in der Turnhalle in
Gustavsburg, Darmstädter Landstraße 80 (gegenüber der ev. Kirche,
heute Kino) und in der Turnhalle in Ginsheim, Freikorps
Oberlandstraße 66, untergebracht. Diese kleinen Lager wurden bis zum
Kriegsende weiter genutzt, zum Teil für Arbeitskräfte der
Reichsbahn.
Das große Lager auf dem
Betriebsgelände der M.A.N. – Holzbaracken getrennt für „West“-
und „Ostarbeiter“ – waren mit jeweils rund zweitausend Personen
belegt. Oftmals blieben die Arbeitskräfte nur für kurze Zeit. Die
Fluktuation war vor allem Ende 1944, Anfang 1945 hoch. Vielfach
verzeichnet die Gustavsburger Ausländerkartei: „geflüchtet.
Unbekannt wohin“. Außerdem gab es manchmal durch Bombenschäden in
Mainzer Betrieben oder auch bei Opel Rüsselsheim für die dortigen
Arbeitskräfte keine Arbeits- oder Aufenthaltsmöglichkeit mehr; dann
wurden die Menschen von der M.A.N. übernommen. Ende September 1944
kamen mehrere Frauen mit Kindern aus Mainz ins M.A.N.-Lager zur
Unterbringung in der Säuglings- und Kinderstation.
Das Lager war eingezäunt,
aber ohne Stacheldraht. An den Eingängen wurde kontrolliert; im
Lager und im Werk waren Wachleute eingesetzt. Außerhalb der
Arbeitszeit konnten die „Westarbeiter“ das Werksgelände nach
Wunsch verlassen. Die „Ostarbeiter“ durften in kleinen Gruppen
mit einem Verantwortlichen aus ihren Reihen nach strenger Kontrolle
„ausgehen“.
Das Eintreffen nach der
Sperrstunde wurde oft streng bestraft: in einem Zwei-Mann-Bunker ohne
Liege- oder Sitzgelegenheit mussten die Bestraften ohne Essen
zubringen. Auch bei sogenannter „Arbeitsverweigerung“ oder
„Bummelei“ wurden Männer, aber wohl auch Frauen, auf diese Weise
bestraft. Weitere „schwere“ Strafen waren Urlaubsentzug,
Haare-Abschneiden (bei Frauen), Prügel, Meldung an die Gestapo und
Einweisung in das Gestapo-Gefängnis, Mainz, oder in ein
Arbeitserziehungslager, z. B. in Frankfurt-Heddernheim. Am
bedrohlichsten war das Verschicken nach Hadamar
(Krankentötungsanstalt) oder in ein KZ, z. B. Hinzert bei Trier. „Leichte“ Strafen
waren Ohrfeigen, Tabakentzug, Streichen von Vergünstigungen wie
zusätzliche Lebensmittel.
Die Befehlsstruktur des
Lagers war von der NS-Regierung in Berlin vorgegeben: die Deutsche Arbeitsfront
(DAF) setzte die Lagerleitung ein; die „Werkscharen“ waren ihr
auch als Aufsichtskräfte unterstellt. Die Gestapo hatte
Mittelsmänner als Abwehrbeauftragte in allen Industriebetrieben, ein
Spitzelsystem des Sicherheitsdienstes (SD) sorgte durch überzeugte
Nationalsozialisten in den Werken für eine Kontrolle im Sinne des
„Führerstaates“.
In der Realität beruhte
vieles auf den Kompetenzen und dem Charakter der Persönlichkeiten.
Richard Reinhardt konnte sich kraft seiner Autorität und
Durchsetzungsstärke als Betriebsführer und Vorstandsmitglied bei
der M.A.N. einen Handlungsspielraum gegenüber den Stellen von Staat
und NS-Partei sichern, den er mit Klugheit und Einfallsreichtum, mit
fachlichen Fähigkeiten im Brücken- und Maschinenbau und geschicktem
Taktieren für den Betrieb und die ihm untergebenen Mitarbeiter –
gleich welcher Herkunft oder politischen Überzeugung – nutzte.
Planung und Bau eines
weiteren Ausländerlagers an der Ginsheimer Straße kurz vor Ginsheim
wurde von der M.A.N.-Gustavsburg schon 1943 begonnen und –
ungeachtet beschränkter Kontingente an Arbeitskräften und
Baumaterial – bis zum Kriegsende fortgesetzt. Die Fertigstellung
erfolgte dann nach dem Krieg, die Einfachstwohnungen dienten zur
Unterbringung der zugewiesenen Flüchtlinge.
Foto: Das Ausländerlager in Ginsheim war bei
Kriegsende noch im Bau. Es wurde später – wie auch das
M.A.N.-Lager – für die 1200 zugewiesenen Flüchtlinge aus den
deutschen Ostgebieten genutzt.
LEBEN als ZWANGSARBEITER (Stele II)
„Ich lebe in der Fremde, wo die Welt einem nicht lieb ist.“
Zum Alltag der Zwangsarbeiter (Ergänzung)
Guy
Lucas
Guy Lucas war einer von
zwölf französischen Zivilarbeitern aus Bouguenais, die bei der
M.A.N. Gustavsburg als Facharbeiter tätig waren. Er war 24 Jahre und
gerade Vater geworden, als zur Arbeit nach Deutschland musste. Ab
November 1942 lebte er im Ausländerlager der M.A.N. Gustavsburg auf
dem Betriebsgelände und arbeitete als Schlosser. Vom 6. bis zum 20.
Juli 1943 bekam er Urlaub für eine Familienheimfahrt. Nach dem Krieg
stellte er der Gemeindeverwaltung seine Dokumente und Fotos zur
Verfügung. Guy Lucas starb 2007. (Bild: Passfoto von Guy Lucas,
1941)
Bilder: Die Karteikarte von Guy
Lucas aus der Gustavsburger Ausländerkartei 1940-1945 (Vorder- und Rückseite)
Jan Biesheuvel
Anneke Biesheuvel-Borgli
berichtete 2019, was ihr Vater bei einem Besuch bei ihrer Familie in
Norwegen erzählte:
„Er wurde in Holland zum
Arbeitseinsatz nach Deutschland gezwungen, als er gerade 19 oder 20
Jahre alt war. Mein Vater war noch nie aus seinem Geburtsort
herausgekommen, und jetzt sollte er nach Deutschland geschickt
werden, ohne zu wissen, wohin und wie lange er wegbleiben würde. Er
war der Älteste von 6 Kindern, seine jüngste Schwester, an der er
sehr hing, war geistig behindert, er machte sich große Sorgen, was
mit seiner Familie im Krieg passieren würde während seiner
Abwesenheit. Seine Schwester Cataryna, die heute noch lebt, erzählte
mir, dass sie ihren Bruder in der Nacht vor seiner Abreise bei der
Mutter weinen hörte.“
„Viel hat er mir nicht
erzählt. Von Holland wurde er nach Frankfurt-Heddernheim geschickt.
Er arbeitete wohl auf einer Brücke. In Gonzenheim bei Bad Homburg
wurde er zu einer Firma, die Propeller herstellte, geschickt und
wohnte bei einer Familie, die gut zu ihm war. Dann musste er nach
Hagen in Westphalen. Dort erlebte er Bombenabwürfe auf den Bahnhof
mit vielen Toten, ein Trauma.
Am 28. Juni 1944 kam
Johannes Biesheuvel nach Mainz-Gustavsburg, zur M.A.N. Ginsheimer
Straße 1 ist die Adresse des Ausländerlagers, des sogenannten
„Rosengartenlagers“. Wo mein Vater jetzt eingesetzt war, weiß
ich nicht. Aber er erzählte, er ging immer über eine Brücke über
den Rhein zu seiner Arbeit.
Einmal ging er wieder über
diese Brücke von der Arbeit Richtung M.A.N.-Lager, da kam ein Soldat
auf der Brücke und rief: ‚Lauf, lauf, lauf!“ und mein Vater
lief und lief Richtung Darmstadt. Bei einem Bauern wurde er
aufgenommen. Ludwig hieß er, der Nachname war Mieter oder so
ähnlich. Er hatte zwei junge Töchter. Auf dem Hof waren auch noch
zwei Pferde, mit denen konnte mein Vater gut umgehen. Der Bauer war
froh, dass er Hilfe hatte, mein Vater war ja Landarbeiter. Johannes
Biesheuvel blieb hier, bis der Krieg zu Ende war und er von dort
wieder nach Holland zurückkonnte. Die Bevölkerung zu Hause war sehr
ausgehungert; meine Mutter wäre fast gestorben. Deshalb durfte er
zunächst nur in den Süden und erst später wirklich zu seiner
Familie zurückkehren. Mit einem sehr schweren Koffer aus Holz kam er
eines Tages wieder heim.“
Foto: Glücklich,
wieder zu Hause zu sein: März 1946 mit der Mutter
„Aber er war schwer
traumatisiert. Die Holländer empfingen ihn auch nicht mit offenen
Armen, keiner wollte wissen, was ihm widerfahren war. Das Land musste
aufgebaut werden, jeder packte an und kümmerte sich nicht um die
schlimme Vergangenheit. Wie so
viele andere hat mein Vater sehr wenig über seine Zeit in
Deutschland erzählt. Aber eines Tages, vor ungefähr 20 Jahren, als
er bei mir in Norwegen auf Besuch war, fing er an zu erzählen. Ich
war total überrascht und war nur imstande, einige Schlüsselworte
aufzuschreiben.
Mein Vater gab mir eine
wichtige Botschaft aus seinen Erlebnissen mit: "Es gibt nicht nur
schwarz und weiß: in jedem Land gibt es auch gute Menschen, das soll
man nicht vergessen.“
„2.114 beschäftigte
zivile Ausländer aus 10 Nationen, davon 721 Ostarbeiter, davon 714
im Werk, 7 auf Baustellen“ (Interne Monatsberichte der M.A.N.
Gustavsburg März 1945)
Die Suche nach Zeitzeugen
unter denjenigen, die nach Kriegsende „hinter den Eisernen
Vorhang“, d.h. in das Einflussgebiet der Sowjetunion nach Hause
zurückkamen, erwies sich als sehr schwierig. In den 1980-Jahren gab
es noch keine Archive und Organisationen dort, die Auskunft und
Kontakte ermöglichten. In Deutschland waren der Suchdienst in
Arolsen und die Zentralstelle in Ludwigsburg nur für Angehörige
auskunftsbereit.
Die Gemeinde
Ginsheim-Gustavsburg erhielt zwar eine ganze Reihe von Zuschriften
von Menschen aus den osteuropäischen Ländern, die für ihre
Rentenanträge eine Bestätigung ihrer Zwangsarbeit in Deutschland
benötigten; jedoch dachte niemand daran, hier nach Erlebnissen und
Erfahrungen zu fragen und die Erlaubnis einzuholen, sie als
Zeitzeugen zu befragen. Fast wären die hölzernen Kästen der
Ausländerkartei Gustavsburg 1940-1945 mit der Umstellung auf EDV in
der Gemeindeverwaltung wohl auch entsorgt worden – aber zum Glück
konnten sie aus dem feuchten, staubigen Kellerraum in das Kulturamt
in der Villa Herrmann umziehen und gesichert werden. Die
systematische Auswertung steht noch aus.
Mit der Gründung von
Memorial International in Moskau gab es seit Glasnost und Perestroika
in Russland dann auch einen Partner für Forscher, die Kontakte
suchten. Die in Deutschland endlich auf den Weg gebrachte
Entschädigung der Zwangsarbeiter half dabei.
Doch für die
M.A.N.-Gustavsburg sind wir immer noch auf der Suche. Vielleicht
finden wir über die erst kürzlich gefundenen Namen und Adressen in
der Ukraine, in Russland und in Weißrussland doch noch
Familienangehörige der Männer, Frauen und Kinder, die 1942-1945 in
Gustavsburg im Ausländerlager auf dem M.A.N.-Gelände lebten, am
19.3.1945 in einem Fußmarsch über Groß-Gerau und Darmstadt nach
Griesheim geführt und in der dortigen Wagenhalle der Straßenbahn am
21.3.1945 von dem stellvertretenden Lagerleiter Adam Regner, den
Wachleuten und Ortspolizisten unter Polizeioberstleutnant Jost
zurückgelassen wurden.
Es bleiben die Namen von
über 800 Menschen, derer wir gedenken.
„Den Hunger vergisst man, aber nicht die Erniedrigungen und die Angst.“ (Ergänzung)
Misshandlung von
Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen in Gustavsburg
Die Vorwürfe gegen die
Betriebsleitung der M.A.N. und die Leitung des Ausländerlagers
wurden einige Monate nach Kriegsende laut. Dem neu gewählten
Betriebsrat der M.A.N. war es zu verdanken, dass es zu formalen
Anklagen und Spruchkammerverfahren kam. Aber der verantwortliche
Lagerleiter wurde nicht in die Verfahren einbezogen, da er in einem
US-Lager einsaß. Auch sonst gibt es viele Ungereimtheiten in den
Vorbereitungen und dem Verfahren, der Weitergabe von Akten und
Dokumenten und der Bestellung von Zeugen.
Eine tragfähige
Gesamtbewertung der handelnden Personen vor dem Hintergrund des
Übergangs der NS-Diktatur in die von den US-Amerikaners besetzte
Zone und damit der Abtrennung von Mainz steht noch aus.
Einzelne konkrete
Beispiele aus den Dokumenten und Protokollen im Hessischen
Hauptstaatsarchiv Wiesbaden verdeutlichen aber die insgesamt
bedrückende Lage der Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen:
„Alle Russen waren
froh, dass Herr Regner da war, denn Herr Paape war nicht so gut wie
er. Er war unser Lagerführer und hat den Männern und Frauen die
Haare abschneiden lassen, weil sie viel gestohlen haben, Kartoffeln,
und in der Fabrik. Überhaupt war Regner
sehr gut zu uns Russen. Wer etwas wollte ging zu ihm; wenn möglich,
erfüllte Regner die Wünsche. Manchmal musste er schimpfen, weil die
Leute nicht alles gemacht haben, wie er wollte. Aber geschlagen hat
er niemand, ich habe es nicht gesehen, obwohl wir auch schlechte
Leute im Lager hatten. An Weihnachten hat er
geschmückt für uns.“ (Basansky, Iwan, der mit
seiner Frau und seinen Kindern im M.A.N. Lager, nach dem Krieg bis
1949 im UNNRA-Lager in Mainz-Kastel lebte, Aussage am 22.7.1947 vor
der Spruchkammer Groß-Gerau, HHStA Wi., Abt.520 GG, R4724, K.64)
„Als besonders
blutrünstig hat sich Gutgesell den Ausländern gegenüber benommen.
Er hat öfter zu den Wachmannschaften gesagt, ‚Schießt doch auf
die Ausländer! Es passiert euch nichts.‘ Ich selbst habe den
Ausländern öfters Essen zugesteckt, obwohl dies streng verboten
war. Seitens von Gutgesell wurde der Wachmannschaft öfters mit der
Gestapo gedroht. Lehrbach, Steininger, Gutgesell, Regner und Paape
waren als fanatische Nazis bekannt und in ihren Maßnahmen gegenüber
Andersdenkenden rücksichtslos. Das Verhältnis
zwischen den Wachmännern und der Lagerleitung war immer ein
gespanntes.“ (Heinrich Wagner, am
5.10.1947 vor der Spruchkammer Groß-Gerau, HHStA Wi., Abt.520
Groß-Gerau, R4724, K.64)
Aus dem Protokoll der Verhandlung zum
Verfahren des Betriebsleiters der M.A.N. Gustavsburg, Richard
Reinhardt, vor der Spruchkammer Groß-Gerau, 6.6.1947. Zu Vorwürfen, im Ausländerlager sei
es zu Misshandlungen gekommen, wird der Wachmann N.N. vom
Spruchkammervorsitzenden als Zeuge befragt:
„Vorsitzender:
Sind im Lager Misshandlungen vorgekommen? […]
Zeuge:
Ich habe schon von Kameraden darüber gehört, aber selbst gesehen
habe ich es nicht.
Vorsitzender:
Wen halten Sie dafür verantwortlich?
Zeuge:
Ich denke, die Lagerführung. […]
Vorsitzender:
Wie beurteilen Sie Herrn Reinhardt?
Zeuge:
Ich halte ihn für einen sehr korrekten Vorgesetzten, der sehr
gerecht ist.
Vorsitzender:
Glauben Sie, dass Herr Reinhardt mit evtl. Misshandlungen
einverstanden war?
Zeuge:
Das glaube ich nicht. Es war uns bekannt, dass es streng verboten
ist, einen Ausländer zu treten oder zu misshandeln.
Vorsitzender: Ist das Ihnen öfter gesagt worden?
Zeuge:
Öfter nicht, aber wir haben das unterschreiben müssen. […]
Ankläger:
Wie erklären Sie es sich, dass dennoch Misshandlungen vorgekommen
sind?
Zeuge:
Das war wohl Sache der Einzelnen. Wo 1000 Menschen zusammen sind,
kommt doch schließlich mal was vor. […]“
(Aus dem Historischen MAN-Archiv,
Augsburg, 1.2. Dir.R. Reinhardt)
Neben der Wachstube stand
ein 2-Personen-Bunker zum Schutz bei Fliegerangriffen für das
Wachpersonal. Dieser 1m x 2m große Raum, in dem man auch einzeln nur
stehen konnte, wurde als Strafzelle benutzt, wo mehrere Menschen die
ganze Nacht über eingesperrt waren, auch Frauen.
Der Wachmann Peter Wanner
sagte 1947 aus: „Die Ostarbeiterinnen waren mitunter ohne
Fußbekleidung und Liegestatt und im Winter der grimmigen Kälte
ausgesetzt.“ (HHStA Wi, 520, GG A.Regner,)
Bild: Im Bild rechts hinter den russischen
Frauen der Schutzbunker für die Wachleute, der zur Bestrafung
eingesetzt wurde.
Meister Ewald hatte im
Zweigwerk Weisenau einige russische Frauen als Arbeitskräfte. Als
eine von ihnen wegen Fliegeralarm zu spät im Lager ankam, musste sie
die Nacht im Strafbunker bleiben. Außerdem wurde das Lagerpersonal
zudringlich. Als Meister Ewald dies hörte, sorgte er für Abhilfe.
Die Frauen durften sich eine Wohn- und Schlaf-Baracke auf dem
Baustellen-Gelände in Weisenau einrichten und mussten nicht mehr den
langen Fußmarsch zum Gustavsburger Ausländerlager zurücklegen.
(Interview 1986)
Ein Wachmann, Peter Wann aus Kostheim,
sagte als Zeuge im Verfahren gegen den stellvertretenden Leiter des
Ausländerlagers, Adam Regner, am 30.1.1947 aus:
„Ich bin seit 1939
bei der Firma M.A.N. Werk Gustavsburg als Brenner und seit 1944 als
Wachmann beschäftigt. Neben unserer Wachstube befand sich ein
Bunker, der dazu diente, zwangsverschleppte Ostarbeiter, die sich
irgendetwas zu Schulden hatten kommen lassen, mit einer Strafe zu
belegen und die diese dort verbüßen mussten. Dieser Bunker hatte
ein Ausmaß von 1 auf 2 Meter. Soweit mir bekannt ist, waren in
diesem Bunker ab und zu zwei bis drei Mann zur Strafverbüßung
untergebracht. Zum größten Teil wurden diese Häftlinge durch Paape
und Regner dort eingeliefert. […] Die Ostarbeiter waren mitunter
ohne Fußbekleidung und Liegestatt und im Winter der grimmigen Kälte
ausgesetzt. Regner hat mehrfach angeordnet, dass den Häftlingen
teilweise das Essen gesperrt wurde. Über die unmenschliche
Behandlung wurde der Lagerleitung mehrfach Vorhaltung gemacht, diese
Zustände zu beseitigen, jedoch ohne Erfolg. […] Dass Paape und
Regner die Ostarbeiter öfter geohrfeigt und misshandelt haben, habe
ich mehrmals wahrgenommen. Gutgesell, Steininger und Regner waren im
Werk gute Nazis und als Mittelsmänner zwischen dem Werk und der
Gestapo Mainz bekannt. Haenlein hat uns mehrfach aufgefordert, den
Ostarbeitern bei jeder sich bietenden Gelegenheit ins Kreuz zu
treten; dies wurde jedoch von uns nicht ausgeführt.“ (HHStA Wi, 520 GG AZ Regner.Adam 010)
Der Wachmann Martin Quetsch aus
Laubenheim macht u. a. in demselben Verfahren folgende Angaben:
„Ich bin seit 1935
bei der Firma M.A.N. und seit 1942 als Wachmann beschäftigt. […]
Die Lagerführung [zunächst Lehrbach und Regner, später Paape und
Regner] ordnete in den meisten Fällen Essens- und Rauchwarenentzug
an. Regner, Paape und Steininger waren reine Kettenraucher und es ist
anzunehmen, dass sie die den Ausländern entzogenen Rauchwaren für
sich oder auf eine andere Art verbraucht haben. Ich habe mehrfach
wahrgenommen, dass Lehrbach die Baderäume der Ausländerinnen
betreten hat, obwohl dies für Männer streng verboten war. Lehrbach
war im Besitz einer Hundepeitsche und er hat bei Einlieferung eines
Russen diesen mit der Hundepeitsche durch einen anderen Russen
auspeitschen lassen (10 bis 20 Schläge auf das blanke Gesäß). […]
Regner hat einer Russin für einen angeblichen Diebstahl die Haare
abschneiden lassen.“ (HHStA Wi,
520 GG AZ Regner.Adam 014)
Der Zeuge Grimmel machte folgende
Aussage:
„Er sei Wachmann im
MAN-Lager gewesen und er habe auch Wahrnehmungen gemacht, dass
Ausländer misshandelt wurden.
Ein Russe, der vom
Ausgang zurückkam und ein Paar alte Lederschuhe anhatte, sei zum
Lagerführer Regner bestellt worden, nachdem dieser davon Kenntnis
erhalten hatte, da das Tragen von Lederschuhen für Ostarbeiter
verboten gewesen sei. Regner habe den Russen gefragt, von wem er die
Schuhe erhalten hat und als sich der Russe weigerte, darüber
Auskunft zu geben, habe ihn Regner einsperren lassen. Unter den
Wachleuten, die die Arrestzellen bewachten, habe es geheißen, dass
der Russe nichts zu Essen und zu Trinken bekommen hatte, sei er (der
Zeuge) als er gerade Wache hatte, selbst zu Regner gegangen und habe
diesem gesagt, das ginge doch nicht, der Mann müsse doch etwas zu
Essen bekommen. Regner habe ihm erwidert: ‚Der kriegt nicht eher
was zu fressen, bis er sagt, von wem er die Schuhe hat, und wenn er
verrecken tut.‘
Der Russe habe auch
tatsächlich etwa 8 Tage lang nicht zu Essen, auch nichts zu Trinken
bekommen. Er habe auch keine Decken mit in die Zelle nehmen dürfen,
trotzdem es kalt war. Er selbst habe das nicht mehr mit ansehen
können und habe, da sie die Schlüssel der Franzosenküche während
der Nacht auf der Wache hatten, dem Russen etwas aus der Küche
geholt und ihm zugesteckt, ohne Mitwissen des Lagerführers. So habe
er dem Russen einige Male etwas zu Essen gebracht, auch habe er ihn
nachts manchmal aus der Zelle herausgelassen, damit er sich am Ofen
etwas wärmen konnte. […] er habe außerdem noch einen Wachmann
Köppler aus Mombach als Zeugen für seine Angaben.“ (hhstaw 520 GG AZ Regner.Adam 0145)
„Es gibt überall gute und schlechte Menschen.“ (Ergänzung)
Lydia
Tollubko
und ihr Ehemann Wladimir
Tollubko
kamen von Simferopol nach Gustavsburg. Als Bautechniker arbeitete er
von Mai 1942 bis zum 19. März 1945 bei der M.A.N.
Iwan
Basansky,
russischer Staatsbürger, wohnte mit seiner Frau und zwei Kindern im
Lager der M.A.N. arbeitete dort. Sie blieben nach dem Krieg als
Staatenlose bis 1949 im UNNRA-Lager in Mainz-Kastel:
„Mein
Arbeitsplatz war gut und ich habe ganz schön Geld verdient.“,
sagte er im Juli 1947 vor der Spruchkammer Groß-Gerau aus. Auch
seine Frau habe in der Fabrik gearbeitet, aber „als sie dort nicht
mehr konnte“, wurde sie in der Lagerküche beschäftigt. Der
stellvertretende Lagerleiter, Adam Regener, sei sehr gut zu den
Russen gewesen, besonders zu seiner Familie. Er habe ihnen Kleider
geschenkt. Manchmal
musste er schimpfen, weil die Leute nicht alles gemacht haben, wie er
wollte. Herr Paape war nicht so gut wie er. Er war unser Lagerführer
und hat den Männern und Frauen die Haare abschneiden lassen, weil
sie viel gestohlen haben, Kartoffeln und in der Fabrik.“ (HHStA
Wi, 520 GG A.Regner)
Aus: Historisches Archiv
Augsburg, Spruchkammerverfahren R. Reinhardt am 29.5. 1947, IMG_1735
Aussage von der Schneiderin Nadja
Alferowa, *1.9.1907 auf der Krim, seit 1932 verheiratet mit dem
Elektroschlosser Iwan Alferow, beide im M.A.N.-Lager (von Alzey
kommend) vom 26.9.1942 bis 19.3.1945. Sie gehen mit Richtung
Groß-Gerau, kehren aufgrund des Briefes des M.A.N. Direktors, der
sie über einen Fahrradboten zur Rückkehr auffordert, wieder um und
bleiben in Gustavsburg, bzw. Im UNNRA-Lager Mainz-Kastel. Deshalb
konnte sie in Richard Reinhardts Spruchkammerverfahren 1947 aussagen:
„Es haben auch Männer
in Weisenau geschafft. Sie haben bei Tag geschafft, und abends sind
sie ins Lager heimgekommen. In der Zeit, als
Bischofsheim ausgebombt wurde, mussten sie bei Tag in Weisenau
schaffen und abends am Bombenloch.
Hier standen einmal
drei Männer zusammen, weil sie müde waren. Da ist Herr Reinhardt
gekommen und hat gefragt: ‚Warum Was steht ihr da?‘ Sie sagten:
Wir sind müde, wir müssen am Tag arbeiten und in der Nacht.‘ Da hat der Direktor
gefragt: ‚Warum habt ihr das nicht gesagt, wer hat Euch das
geheißen?‘ – ‚Der Lagerführer.‘ Er hat daraufhin gleich
gesagt: ‚Gleich heim und schlafen, und wenn ihr ausgeschlafen habt,
dann kommt ihr wieder und schafft.‘ Der Direktor hat das
ins Lager telefoniert.
Als sie ins Lager
kamen, stand Paape schon vor dem Tor. Er hat sie gleich ins
Badezimmer gerufen und Herr Lobatscheff, der Dolmetscher, war auch
reingegangen. (Ich habe alles gehört, was im Badezimmer geschah, da
mein Zimmer – die Schneiderstube – nebendran lag.)
Paape fragte, warum sie
sich beim Direktor beschwert haben, weil sie die ganze Nacht nicht
geschlafen hätten. Sie haben gesagt: ‚Wir haben uns nicht
beschwert, wir haben gestanden, weil wir müde waren, da ist der
Direktor gekommen und hat gefragt, warum so traurig.‘
Die drei Männer haben
dann 25 Hiebe bekommen. – Nachher wurde ihnen noch gesagt: ‚Wenn
der Direktor das nächste Mal wieder fragt, dann müsst ihr sagen,
ihr habt geschlafen!‘“
Im Lager geboren: Zwangsarbeiterkinder in Gustavsburg (Ergänzung)
Die M.A.N. Gustavsburg
wollte schon im Ersten Weltkrieg vermeiden, Frauen einzustellen, um
so die Lücken durch die als Soldaten eingezogenen Arbeiter zu
schließen. (Siehe:
Christine Hartwig-Thürmer, Frauen in der Rüstungsproduktion im
Ersten Weltkrieg. Eine quellenkritische Betrachtung eines Textes aus
dem M.A.N. Werk Gustavsburg aus dem Jahr 1940, in: Mainzer
Geschichtsblätter, Heft 14, Mainz und der Erste Weltkrieg, Mainz
2008, S. 140-146)
Der
Einsatz von Frauen aus Russland, der Ukraine, Polen und anderen
Ländern der Sowjetunion wurde aber unumgänglich. So wurden die
jungen Frauen nach ihrer Ankunft für vier Wochen in den
Ausbildungsräumen des Gerberhauses angelernt und auch zum Bohren und
Schweißen eingesetzt. Auch wenn Berichte von Zeitzeuginnen fehlen,
zeigten die Aussagen von M.A.N.-Mitarbeitern in den Interviews, dass
die Frauen persönlich geachtet und in ihrer Arbeitsleistung
wertgeschätzt wurden.
Auch von wirklichen
Liebesbeziehungen wurde berichtet, wie etwa eine Beziehung zwischen
einem Meister und einer Russin, die beide gefährdete.
Unter den etwa sechzig
Müttern, die zwischen 1943 und 1945 im Ausländerlager mit ihren
Kindern lebten, waren zehn ledige Frauen. Der Gustavsburger Arzt, Dr.
Polatzek, behandelte die Kranken im Lager und wurde von Dr. Gollas
aus Alzey, Sanitätern, wie Bruno Pfeiffer, und Heilgehilfen aus den
einzelnen Nationen unterstützt.
In der Realität des
dauernden Arbeitskräftemangels im kriegführenden Deutschen Reich
versuchten die Firmen, Maßnahmen in ihren Ausländerlagern zu
ergreifen, die den Arbeitsausfall von Schwangeren und Müttern
möglichst gering hielten.
Am 19. März 1945 gingen
mindestens zwanzig kleine Kinder mit ihren Müttern und teilweise
auch mit den Vätern auf den Fußmarsch nach Groß-Gerau, heraus aus
der noch gefährlich umkämpften Mainspitze. Sechs Mütter hatten ihr
Baby auf dem Gustavsburger Friedhof zurücklassen müssen: sie waren
nicht einmal ein Jahr alt geworden. Todesursache: Ernährungsstörung.
LEIDEN im „TOTALEN KRIEG“ (Stele III)
Luftkrieg über der Mainspitze – kaum Schutz für Zwangsarbeiter (Ergänzung)
Bilder: Zerstörungen nach
Bombenangriffen 1944, M.A.N.-Archiv Gustavsburg
Über den Luftangriff auf
das Rhein-Main-Gebiet in der Nacht vom 8. auf den 9. September 1942
berichtete der Kommandant der M.A.N.-Werksfeuerwehr, Philipp Barth:
„Am Dienstag, den 8.9.1942
um 23.50 Uhr erfolgte Fliegeralarm. Rund um Mainz sowie über der
M.A.N. in Richtung Ginsheim, Hochheim und Rüsselsheim warfen die
Feindflieger eine Menge von Leuchtbomben, Brandbomben und zwei
Luftminen. Um 0.36 Uhr wurde gemeldet, dass das Russenlager am
Schießstand durch Brandbomben getroffen ist und brennt. Zu gleicher
Zeit werden Bombeneinschläge hinter den Kohlenwerken gemeldet. Das
Betriebsgebäude erzitterte unter den Detonationen und fast alle
Fensterscheiben fielen klirrend heraus. (…) Bei den russischen
Lagerinsassen, hauptsächlich Frauen, war eine Panik ausgebrochen,
als eine Brandbombe auf das Dach des Lagers niederging und
unmittelbar darauf die Sprengbomben hinter dem Kohlenlager
explodierten. Mit allem, was sie einigermaßen tragen konnten,
rannten die Insassen, den Zaun durchbrechend, in den Schießstand.
(…) Gleich darauf schwere Bombeneinschläge in Richtung neues
Ausländerlager [am Rosengarten]. (…) 0.50 Uhr: die auf das Dach
des Russenlagers nieder gegangene Brandbombe war von der Lagerwache
vom Dach gezogen und gelöscht worden.“ (Heinz Leiwig/Dieter H.
Neliba, Die Mainspitze im Fadenkreuz der Royal Air Force und der 8.
USAAF. Bischofsheim 1939-1945, Ginsheim-Gustavsburg 1985, S.73ff)
Bild aus M.A.N.-Archiv
Gustavsburg
Direktor Reinhardt dokumentiert in
seinen internen Monatsberichten akribisch die Schäden, die der Krieg
anrichtete: die Zahl der Gefallenen, der als Soldaten einberufenen
Mitarbeiter, die wegen Bombenalarms ausgefallenen Arbeitsstunden, die
Zerstörungen der Wohnhäuser in Gustavsburg sowie der
M.A.N.-Werksanlagen und der Infrastruktur (Gas, Wasser). All das
macht das schlimme Schicksal für die Menschen in
Ginsheim-Gustavsburg deutlich – für Deutsche wie für Ausländer.
Bilder aus dem Historischen Archiv der MAN, Augsburg,
Dir.R. Reinhardt
Für den „totalen Krieg“ – das M.A.N.-Zweigwerk Weisenau (Ergänzung)
Bild am 7.12.1944
Vergessen war die
unterirdische Produktionsstätte der M.A.N. Gustavsburg in den
Kalkstein-Stollen in Weisenau auf der linken Rheinseite bald nach dem
Zweiten Weltkrieg. Gustavsburg gehörte nicht mehr zu Mainz; der
Rhein war die Grenze zwischen der französischen und
US-amerikanischen Besatzungszone – dann zwischen den Bundesländern
Rheinland-Pfalz und Hessen.
Das Gelände ist heute
Naturschutzgebiet. Die Stollen wurden 2019/2020 mit Beton verfüllt.
Eine Informationstafel über den Einsatz der dreihundert
französischen, flämischen und russischen Zwangsarbeiter und
Zwangsarbeiterinnen fehlt.
Bild: 19.8.1944.
Aus dem Fotoalbum des M.A.N.-Archivs Gustavsburg
1986
Luftbild von
Mainz-Weisenau, oben rechts der Kalksteinbruch, den die M.A.N.
Gustavsburg ab Juni 1944 zur unterirdischen Produktionsstätte (Teile
für die V1 und V2) ausbauen ließ und dann zur sicheren
Unterbringung von Maschinen nutze. So konnte der Aufbau der von den
Nazis zerstörten Brücken schon im April 1945 beginnen. Links oben
die Rhein-Insel Bleiaue, wo die M.A.N. ein Hofgut betrieb.
(Stadt Mainz, c/o University of Keele, Großbritannien 1990, übermittelt
von Malin Pfänder, 2020)
Das Ende: 19. März 1945 (Ergänzung)
Zu Fuß von Gustavsburg nach Darmstadt-Griesheim: Zweitausend Zwangsarbeiter am 22.3.1945 fast spurlos „verschwunden“
Späte
Spurensuche für die Gedenkstätte in Ginsheim-Gustavsburg
von Christine
Hartwig-Thürmer
Der interne Monatsbericht
der M.A.N. Gustavsburg vermerkt für den 17.3.1945 den „Bestand an
Arbeitskräften“: 5.686. Während der damals zu Mainz gehörige
rechtsrheinische Vorort nur rund 2500 Einwohner zählte, beschäftigte
der Industriebetrieb mehr als doppelt so viele Menschen, darunter
„2114 zivile Ausländer aus 10 Nationen, davon 714 Ostarbeiter im
Werk, 7 auf Baustellen.“
Bild: Zwangsarbeiter und -arbeiterinnen aus Ländern der Sowjetunion bei der M.A.N.
Gustavsburg werden zum Schweißen angelernt (1943) (HHStAW, 520 GG,
Reinhardt 3)
Am 25. März 1945 setzten
US-amerikanische Truppen von Mainz-Kostheim aus über den Main nach
Gustavsburg und übernahmen die Kontrolle über das Werk und die
Verwaltung des Ortes. Der Betriebsleiter, Direktor Richard Reinhardt,
hatte sich noch eine Woche zuvor dem Befehl zur Zerstörung der
Produktionseinrichtungen widersetzt. Auch die 200 Lehrlinge, die noch
zum Volkssturm eingezogen und an die Front geschickt werden sollten,
hatte Reinhardt nicht freigegeben. Er blieb im Werk und übergab es
unzerstört der Besatzungsmacht. Vom 1. bis zum 19. April 1945 wurde
das Gustavsburger M.A.N.-Werk von 1200 Pionieren des US-Regiments 333
besetzt; das Zweigwerk Weisenau erhielt schon am 29. März eine
uneingeschränkte Betriebserlaubnis. So konnte nach kurzer Zeit –
schon vor der bedingungslosen Kapitulation des NS-Staates am
8./9.5.1945 - der Wiederaufbau der Brücken über den Rhein und den
Main beginnen, die die Deutsche Wehrmacht auf ihrem Rückzug noch
gesprengt hatte.
1704 wieder eingestellte
Arbeiter, Angestellte und Montagearbeiter nennt der erste interne
Monatsbericht nach dem Kriegsende für das M.A.N.-Werk Gustavsburg.
Doch die ausländischen Arbeitskräfte werden mit keinem Wort
erwähnt.
Wo sind die 2835
Menschen geblieben, die als Zwangsarbeiter bei der M.A.N. bis zum
Kriegsende in Gustavsburg eingesetzt waren und hier lebten?
In seinem Verfahren vor
der Spruchkammer Groß-Gerau berichtete Adam Regner, der
stellvertretende Leiter des M.A.N.-Ausländerlagers: „Am
18.3.1945, morgens um 11 Uhr, kam plötzlich Herr P.[Wilhelm Paape,
Leiter des Ausländerlagers] zu mir auf das Lagerbüro und erklärte,
dass der Abtransport der Ausländer am 19.3.1945 um 7.00 Uhr zu
erfolgen hat. […] In aller Eile mussten nachts die Sachen gepackt
werden. […] Am Morgen des 19.3.45, pünktlich um 7.00 Uhr früh,
nachdem alles reisefertig vor den Baracken stand, erschien der
Polizeioberleutnant Jost mit 20 Wachtmeistern der Schutzpolizei
Mainz. Herr Gutgesell als Leiter des Werkschutzes musste ebenfalls 20
Mann, bewaffnet mit Karabinern, zum Abtransport der Ausländer
bereitstellen. Als Transportleiter war ich persönlich bis zu der
Ablieferung an den angegebenen Stellen verantwortlich.“
Gegen 9 Uhr hatten alle
2000 Ausländer das Lager in Richtung Groß-Gerau zu Fuß verlassen.
Niemand wusste genau, was mit den Männern, Frauen und Kindern
passieren würde. Der erste Marschtag ging bis nach Groß-Gerau. Die
als Unterkunft zugewiesene Zuckerfabrik bot nur Stein- und
Bretterboden, keine Ausstattung und Verpflegung. Nur die Frauen und
Kinder konnten „in der Restauration des Gefolgschaftshauses“
unterkommen. Am nächsten Tag, dem 20.3.1945, ging der Marsch ohne
Frühstück um 7 Uhr weiter nach Darmstadt. Adam Regner konnte als
verantwortlicher Transportleiter für die Kranken und die Kinder
einen Wagen zum Transport nach Darmstadt organisieren. Er berichtet
weiter: „Auf dem Marsch von Groß-Gerau nach
Darmstadt waren die Marschierenden immer wieder Tieffliegerangriffen
ausgesetzt. […]
Nachmittags um 16 Uhr
ist die Spitze an der Autobahn von Darmstadt eingetroffen. Die
Westarbeiter wurden links, die Ostarbeiter rechts in dem dort
befindlichen Wald abgestellt. Eine Stunde später wurde uns
mitgeteilt, dass ein Verpflegungszug der NSV [Nationalsozialistische
Volkswohlfahrt] eintreffen würde. Dies war der Fall. Jeder Ausländer
erhielt einen Liter dünne Haferflockensuppe und sonst nichts.“
Bild von http://motorbloeckchen.com/?page_id=19785,
Download am 08.12.2019, 15.27 Uhr
Die Nacht mussten die
Menschen dort im Wald an der Autobahn im Freien zubringen. Am
nächsten Tag wurden „die Westarbeiter in
dem Woolworth-Gebäude in Darmstadt abgeliefert. Von diesem Moment an
hatte ich mit diesen nichts mehr zu tun.“
Adam Regner und
Polizeioberleutnant Jost brachten die andere Gruppe, die ca. 900
„Ostarbeiter“, nach Darmstadt-Griesheim in die dortige Wagenhalle
der Straßenbahn, auch heute noch direkt gegenüber der
Ortverwaltung. Obwohl die ausgeräumte, leere Halle keine Unterkunft
oder Verpflegungsmöglichkeiten bot, wurden die Männer, Frauen und
Kinder dort zurückgelassen.
Bild: Frühere Wagenhalle der Straßenbahn in
Darmstadt-Griesheim, im Dezember 2019, Foto: C.H-Th
Einzelne ausländische
Beschäftigte der M.A.N. kehrten wieder nach Gustavsburg zurück und
wollten hier weiterarbeiten. Sie wurden von den US-Besatzungsbehörden
in Mainz-Kastel im UNNRA-Lager untergebracht und bei den
Spruchkammerverfahren als Zeugen gehört. Doch insgesamt ist das
Schicksal der Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen der M.A.N.
Gustavsburg unbekannt. Fast alle Nachforschungen und Nachfragen seit
1985 blieben ergebnislos oder unbeantwortet.
Aber vielleicht gibt es
in Darmstadt, Griesheim oder Groß-Gerau doch noch Hinweise auf
diejenigen Zwangsarbeiter der M.A.N., die zwischen dem 19. und dem
22. März 1945 zu Fuß von Gustavsburg aus unterwegs waren und im
Woolworth-Gebäude oder in der Wagenhalle der Straßenbahn ins
Ungewisse verlassen wurden?
75 Jahre danach erinnert
nun in Ginsheim-Gustavsburg eine Gedenkstätte für die
Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen, um an das Lebensschicksal der
Menschen zu erinnern.
Kriegsende: Vergessen und Verdrängen (Ergänzung)
Bild: 11.8.1956
Besuch von Jan Boer in Gustavsburg
Aus
Frankreich und Holland gibt es einzelne Zeitzeugen.
Claus
Daschmann, ehemaliger Kulturamtsleiter der Gemeinde Ginsheim-Gustavsburg und
lange Zeit Vorsitzender des Heimat- und Verkehrsvereins, erinnerte
sich noch an die Zwangsarbeiter, die in die Bäckerei Gehmäcker
kamen, wo seine Mutter – unerlaubter Weise – auch Weißbrot an
„Ostarbeiter“ abgegeben hat. Als kleiner Junge durfte er mit ihr
und einigen wenigen Gustavsburgern am Friedensfest der Zwangsarbeiter
teilnehmen. Aufgeschrieben hat er seine Erinnerungen leider nicht.
Nild: Frau Daschmann, 2. von rechts
Pierre
Cordier, ehemals Zwangsarbeiter bei der Schiffswerft, kam in den 70er
Jahren nach Gustavsburg zu Besuch. Seine Erinnerungen hat Dr. Hedwig
Brüchert übersetzt und 2005 als Sonderheft der Mainzer
Geschichtsblätter im Verein für Sozialgeschichte Mainz
herausgegeben.
Ein
Kontakt zu Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion gelang leider noch
nicht.
Deren
Schicksal war meist noch schwerer. Aus den Akten und Dokumenten
erfahren wir von dem Leiden der sogenannten „Osterabeiterinnen“
und „Ostarbeiter“. Ein Beispiel:
Nelly
Jarosch kam am 1. März 1944 im M.A.N.-Lager zur Welt. Bevor sie mit
ihrer Mutter nach Russland zurückkehren konnte, starb sie schon am
23. Oktober 1944 um 20.45 Uhr. „Ernährungsstörung,
Kreislaufschwäche“ sind als Todesursache in der Sterbeurkunde
angegeben. Sie wurde – wie auch weitere fünf Babies von russischen
Zwangsarbeiterinnen – auf dem Gustavsburger Gemeindefriedhof
beerdigt. (Feld 5, Reihe 1, Grab Nr. 2)
Heute
erinnert nichts an die toten Zwangsarbeiterkinder und Erwachsene, die
in Gustavsburg bestattet wurden.
Der
Platz
auf dem die Gedenkstätte
für die
Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen 1940-1945 in
Ginsheim-Gustavsburg steht, könnte – stellvertretend für alle Zwangsarbeiterkinder –
Nelly-Jarosch-Platz
heißen.
Verzeichnis der Abkürzungen
- DAF:
Deutsche Arbeitsfront; nach der Zerschlagung der Gewerkschaften und
der Arbeitgeberverbände setzte die NS-Regierung die DAF an ihre
Stelle; mit 25 Millionen Mitgliedern größte Massenorganisation zur
Kontrolle und Überwachung der Bevölkerung bei der Arbeit und durch
die angegliederte KdF („Kraft durch Freude“) in der Freizeit
- Flak:
Flugabwehrkanonen
- G.H.H.:
Gute Hoffnungshütte, Aktienverein für Bergbau und Hüttenbetriebe,
gegr. 1873, unter Paul Reusch in den 20er Jahren zum Großkonzern
ausgebaut, u.a. durch Eingliederung der M.A.N.
- Gestapo:
Geheime Staatspolizei, am 26.4.1933 aus der Preußischen Politischen
Polizei hervorgegangene Überwachungs- und Spitzel-Organisation des
NS-Staates zur Bekämpfung aller „staatsgefährlichen
Bestrebungen“.
- HHStA
Wi: Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden
- Hist.
Archiv MAN: Historisches Archiv der MAN
Augsburg; nach Auflösung der Firmenarchive in Gustavsburg,
Sterkrade und Nürnberg das Zentralarchiv der MAN; in München
werden die Archivalien von MAN-Roland aufbewahrt
- HStA
Da: Hessisches Staatsarchiv, Darmstadt
- IG
Farben: Interessengemeinschaft Farben, als
Zusammenschluss von acht deutschen Chemieunternehmen (u.a. Bayer,
Höchst, BASF) das welt-größte Chemieunternehmen
- M.A.N.:
Maschinenfabrik Augsburg Nürnberg – bis zum Konzern-Umbau 2008
„Pünktchen-MAN“, danach MAN
- M.A.N.-Archiv
Gu: Archiv der M.A.N. Gustavsburg; nach 1989
aufgelöst, Verbleib unklar.
- MAN:
nach dem Konzern-Umbau 2008 eingeführte Abkürzung
- NS:
Nationalsozialismus
- NSDAP:
Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
- SS:
Schutzstaffel, Adolf Hitlers 1921 gegründete, persönliche
Stabswache, 1923 erweitert zum „Stoßtrupp“ Hitlers, 1925 als
Hitlers Leibgarde Bestandteil der paramilitärischen SA
(Sturmabteilung). Als Heinrich Himmler 1927 stellvertretender
Reichsführer SS wurde, umfasste die SS nur einige hundert Mann.
Hitler erklärte sie am 20.7.1934 zur selbständigen Organisation
und setzte sie als Elitegarde des Regimes zu Terror und Massenmord
ein.
- TBC:
Tuberkulose, schwere Lungenerkrankung
- UNNRA:
United Nations Relief and Rehabilitation Administration,
Hilfsorganisation der Vereinten Nationen
- V
1: „Vergeltungswaffe“, Marschflugkörper
Fieseler Fi 103, 1943
- V
2: „Vergeltungswaffe“, erste Großrakete,
1944
- VDM:
Vereinigte Deutsche Metallwerke, 1930 durch die Übernahme der
Heddernheimer Kupferwerke und Süddeutsche Kabelwerk AG in Frankfurt
durch die Berg-Heckmann-Selve AG aus Altena, Zweigwerk in
Mainz-Gustavsburg
- VfSG
Mz: Verein für Sozialgeschichte Mainz,
www.sozialgeschichte-mainz.de
- ZW: Zweigwerk. Die M.A.N.
Gustavsburg richtete am Juni 1944 im Kalksteinbruch des Zementwerks
Weisenau eine unterirdische Produktionsstätte ein.
Begriffserklärungen
mit Hilfe von: Ernst Klee, Das
Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt/M 2003
http://www.bpb.de/geschichte/nationalsozialismus/ns-zwangsarbeit/227269/begriffe
Begriffe: Fremdarbeiter – Zwangsarbeiter – Sklavenarbeiter
In Quellen und Literatur werden unterschiedliche
Begriffe verwendet, um die nationalsozialistische Zwangsarbeit zu bezeichnen.
Der Oberbegriff "Zwangsarbeit" umfasst verschiedene Formen des
Arbeitseinsatzes und konnte unterschiedliche Lebensumstände bedeuten.
Arbeitskarte der "Ostarbeiterin" Anna P.,
Linz 1943. (© Archiv "Zwangsarbeit 1939-1945")
Auch in den zeitgenössischen Quellen finden wir verschiedene Bezeichnungen für
Zwangsarbeit: Oft schrieben die Dienststellen oder Betriebe von
"Ausländern", aber auch von "Gefangenen" oder
"Fremdvölkischen", manchmal sogar von "Gastarbeitern". Im
mündlichen Sprachgebrauch waren auch Schimpfwörter wie
"Polenschweine" oder "Russenweiber" gängig. Hier werden die
wichtigsten Bezeichnungen kurz erläutert.
Zwangsarbeit
Arbeit, die mit nicht-wirtschaftlichem Zwang und unter
Androhung von Strafe verlangt wird. Unter Zwangsarbeit im Nationalsozialismus
versteht man insbesondere die Verschleppung und Ausbeutung von über 13
Millionen ausländischen KZ-Häftlingen, Kriegsgefangenen und zivilen
Arbeitskräften in Deutschland. Zwangsarbeit gab es auch in Ghettos, Arbeitserziehungslagern
und anderen Lagern im gesamten besetzten Europa und betraf insgesamt etwa
zwanzig Millionen Menschen. Deutsche Jüdinnen und Juden und deutsche Häftlinge
leisteten ebenfalls Zwangsarbeit. Daneben herrschte in vielen besetzten Ländern
ein allgemeiner Arbeitszwang für die Zivilbevölkerung. Davon abzugrenzen sind
die Arbeitspflichten für die deutsche Bevölkerung (Reichsarbeitsdienst,
Dienstverpflichtung, Landjahr), die unter völlig anderen Bedingungen
stattfanden.
Fremdarbeiter
Umgangssprachliche Bezeichnung für zivile
Zwangsarbeiter im Nationalsozialismus. Der Begriff "Fremdarbeiter"
verschleiert den Zwang als Grundlage des Arbeitseinsatzes. Selbst die
ursprünglich freiwillig, d. h. oftmals aus wirtschaftlicher Not nach
Deutschland gekommenen "Fremdarbeiter" durften später ihren
Arbeitsplatz nicht mehr verlassen. Der in den Quellen nur selten verwendete
Begriff "Fremdarbeiter" fand nach 1945 Verbreitung, um den
nationalsozialistischen Ausländereinsatz von der Beschäftigung der "Gastarbeiter"
in der Bundesrepublik zu unterscheiden. In politischen Debatten werden
Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten noch heute gelegentlich als
"Fremdarbeiter" bezeichnet.
Fremdvölkische
Nationalsozialistische Bezeichnung für Menschen, die
nicht "germanischer Abstammung" waren und nicht zur
"Volksgemeinschaft" zählten. Als "fremdvölkisch" galten
alle Ausländerinnen und Ausländer, die nicht aus "germanischen"
Ländern wie den Niederlanden oder Skandinavien kamen. Als "rassisch minderwertig"
wurden insbesondere Slawinnen und Slawen angesehen. Ganz unten in der
NS-Rassenhierarchie standen Jüdinnen und Juden, "Zigeuner" und
"Farbige"; sie galten als "fremdvölkisch", auch wenn sie
Deutsche waren.
Sklavenarbeiter
Heutige Bezeichnung für völlig rechtlose
Arbeitskräfte, vor allem für die Häftlinge von Konzentrationslagern. Der
Begriff "Sklavenarbeiter" wurde in den Nürnberger Prozessen für alle
zur Arbeit ins Reich Verschleppten verwendet. In den
Entschädigungsverhandlungen der 1990er Jahre bezeichnete er dagegen nur die
Gruppe der KZ-Häftlinge, die für die SS, für private oder staatliche
Unternehmen arbeiten mussten und extrem ausgebeutet wurden ("Vernichtung
durch Arbeit"). Der mit diesem Begriff verbundene Vergleich der
NS-Zwangsarbeit mit der Sklaverei in anderen Epochen ist umstritten, unter
anderen, weil die SS im Unterschied zu anderen Sklavenhaltern kaum am Überleben
ihrer "Sklavenarbeiter" interessiert war.
Am 1. Oktober 1946 endete der
Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess, der die "Sklavenarbeit" als
zentrales Kriegsverbrechen der Nationalsozialisten verurteilte. Im folgenden
Video sprechen zwei Zeitzeugen und eine Zeitzeugin über Zwangsarbeit als
Sklaverei. Sie verwenden den Begriff "Sklave" in unterschiedlichen
Bedeutungen. Ausschnitte aus den Video-Interviews mit den Zwangsarbeitern Wasyl
B., Bloeme E. und Claudio S. (© Archiv "Zwangsarbeit 1939-1945")
Zivilarbeiter
Heutige Bezeichnung für Zwangsarbeiter, die keine
Kriegsgefangenen oder KZ-Häftlinge waren. Im Sommer 1944 gab es im Deutschen
Reich rund 5,7 Millionen ausländische Zivilarbeiterinnen und Zivilarbeiter. Sie
wurden von privaten Firmen, Behörden, Bauern oder Familien beschäftigt,
untergebracht und überwacht. Kriegsgefangene und Militärinternierte
unterstanden dagegen der Wehrmacht, Häftlinge der SS oder der Gestapo. Die
Bezeichnung "Zivilarbeiter" verweist also nicht auf besonders
zivilisierte Lebensumstände, sondern nur auf die nicht-militärische
Verantwortung für ihre Zwangsarbeit.
Ostarbeiter
Nationalsozialistische Bezeichnung für
Zivilarbeiter, die aus den besetzten Gebieten der Sowjetunion stammten. Nach
der anfänglichen Anwerbung von Freiwilligen folgte sehr bald die gewaltsame
Verschleppung von 2,1 Millionen sowjetischen Frauen und Männern nach
Deutschland. "Ostarbeiterinnen" und "Ostarbeiter" mussten
das diskriminierende "OST"-Abzeichen tragen, wurden meistens in
besonderen Lagern untergebracht und weitaus schlechter behandelt als
Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus anderen Ländern. Nach der Befreiung
wurden viele von ihnen in der Sowjetunion wegen angeblicher Kollaboration
diskriminiert oder verfolgt. Menschen aus Polen zählten nicht zu den
"Ostarbeitern", wurden aber als Slawen ebenfalls besonders schlecht
behandelt.
Am 20. Februar 1942 gab Heinrich
Himmler die "Ostarbeiter-Erlasse" heraus. Sie unterwarfen über drei
Millionen aus der Sowjetunion verschleppte zivile Arbeitskräfte einem
diskriminierenden Sonderrecht. Im folgenden Interview-Ausschnitt (Audio)
berichtet eine Zeitzeugin, wie sie bei der Zwangsarbeit in Chemnitz als
"Ostarbeiterin" behandelt wurde. Audio-Slideshow mit Ausschnitten aus
dem Audio-Interview und Fotos der sowjetischen Zwangsarbeiterin Hanna Fedoriwna
H., Archiv "Zwangsarbeit 1939-1945". Aktuelle Fotos der Diamant-Werke:
Udo Thierfelder (© Archiv "Zwangsarbeit 1939-1945")
Weiterführende Links
Nationalsozialistische Lager: Begriffserklärungen
zu Konzentrations-, Kriegsgefangenen-, Zwangsarbeiter- und anderen Lagern auf der Webseite "Zwangsarbeit 1939-1945"
Lexikon
in der Online-Anwendung "Lernen mit Interviews: Zwangsarbeit
1939-1945" mit ca. 150 Begriffserläuterungen zur NS-Zwangsarbeit (Registrierung notwendig)
Themenfilm 8.
März 1940: Die Polen-Erlasse
auf der Webseite "Zwangsarbeit 1939-1945" (Ausschnitte aus 3
Interviews, 10 Minuten)
Themenfilm 8.
September 1943: Die italienischen Militärinternierten auf der Webseite "Zwangsarbeit 1939-1945"
(Ausschnitte aus 3 Interviews, 9 Minuten)
Bildnachweis für die Tafeln
"Gedenkstätte für die
Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen 1940 – 1945"
- HHStA Wi, 520 R.Reinhardt / HHStA Wi,
520 R.Reinhardt
"NS-Diktatur 1933 – 1945 auch in Gustavsburg"
-
Privatbesitz / HHStA Wi, 520 R.Reinhardt
"Im 2. Weltkrieg: M.A.N.-Mitarbeiter an die Front –
Zwangsarbeiter nach Mainz-Gustavsburg"
-
HHStA Wi, 520 R.Reinhardt / M.A.N.-Archiv Gustavsburg 1986
"Menschen wie wir? Nationalsozialistische Anweisungen für den
Ausländereinsatz"
-
Privatbesitz / Ausländerkartei Gustavsburg 1940 - 1945
"Das Barackenlager auf dem M.A.N.- Betriebsgelände – ein 'Rosengarten' "
-
HHStA Wi, 520 R.Reinhardt / HHStA Wi, 520 R.Reinhardt
„Ich lebe in der Fremde, wo die Welt einem nicht lieb ist.“
Zum Alltag der Zwangsarbeiter
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Privatbesitz / Privatbesitz / Ausländerkartei Gustavsburg 1940 -
1945
„Den Hunger vergisst man, aber nicht die Erniedrigungen und die
Angst.“
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M.A.N.-Archiv Gustavsburg 1986
„Es gibt überall gute und schlechte Menschen.“
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Studienkreis Widerstand 1933-1945, Frankfurt/M
"Im Lager geboren: Zwangsarbeiterkinder in Gustavsburg"
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HHStA Wi, 520 R.Reinhardt / HHStA Wi, 520 R.Reinhardt
"Luftkrieg über der Mainspitze – kaum Schutz für
Zwangsarbeiter"
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M.A.N.-Archiv Gustavsburg 1986 / M.A.N.-Archiv Gustavsburg 1986
"Für den „totalen Krieg“ – das M.A.N.-Zweigwerk Weisenau"
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M.A.N.-Archiv Gustavsburg 1986 / M.A.N.-Archiv Gustavsburg 1986
"Das Ende: 19. März 1945"
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M.A.N.-Archiv Gustavsburg / HHStA Wi, 520 R.Reinhardt
"Kriegsende: Vergessen und Verdrängen"
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Titelbild des Buches / Mainzer Allgemeine Zeitung vom Mai 2019
- Bähr, Johannes, Banken, Ralf, Flemming, Thomas, Die
MAN. Eine deutsche Industriegeschichte, München 2008
- Benz, Wolfgang, Diestel, Barbara (Hrsg.), Hinzert.
Das Konzentrationslager Hinzert und seine Außenlager, München 2008
- Brechtken, Magnus, Albert Speer. Eine deutsche
Karriere, München 2017
- Brüchert, Hedwig, Das „Lager Rhein“ auf der
Ingelheimer Aue in Mainz – Arbeitserziehungslager Polizeihaftlager, Erweitertes
Polizeigefängnis, Nebenlager des SS-Sonderlager Hinzert? (unveröffentlichtes
Manuskript)
- Brüchert, Hedwig, Das Nebenlager des
SS-Sonderlagers/KZ Hinzert und andere Lager im Portland-Zementwerk in
Mainz-Weisenau (unveröffentlichtes Manuskript)
- Brüchert, Hedwig, Zwangsarbeit 1939 -1945 - der
„Arbeitseinsatz“ von zivilen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern in den
Regionen des heutigen Landes Rheinland-Pfalz, in: http://www.zwangsarbeit
.rlp.geschichte.uni-mainz.de/F_Bruechert01.htm
- Büchner, Fritz, Hundert Jahre Geschichte der
Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg, hrsg. Im Auftrag des Vorstands (Meyer,
Wellhausen, Plochmann, Reinhardt, Sörensen), Societäts-Druckerei Frankfurt/M
- Busch, Arnold, Widerstand im Kreis Groß-Gerau
1933-1945, Groß-Gerau 1988
- Cordier, Pierre, Als Zwangsarbeiter auf der
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eingeleitet von Hedwig Brüchert. Sonderheft der Mainzer Geschichtsblätter,
hrsg. Vom Verein für Sozialgeschichte Mainz e. V., Mainz 2005
- Duch, Helene, Die Traurigkeit verlässt mich nicht.
Erinnerungen an eine verlorene Kindheit, ²2012
- Feyer, Sven, Die MAN im Dritten Reich. Ein
Maschinenbauunternehmen zwischen Weltwirtschaftskrise und Währungsreform,
Baden-Baden 2018
- Fritz Bauer Institut (Hrsg.), Materialienmappe
„Das Konzentrationslager Buna-Monowitz“. Reader Zur Vorbereitung auf die
Ausstellung des Fritz Bauer Instituts: Die IG Farben und das
Konzentrationslager Buna-Monowitz. Wirtschaft und Politik im
Nationalsozialismus, Frankfurt/M 2018
- Gottschalk, Vivien, Notgedrungene Nachbarschaft.
Mutig? Aufsässig? Nutzlos? Die M.A.N._Gustavsburg und ihre Zwangsarbeiter.
Beitrag zum Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten 2012/2013: Vertraute
Fremde. Nachbarn in der Geschichte. Rhabanus-Maurus-Gymnasium Mainz, Februar
2013
- Hartwig-Thürmer, Christine,
Ginsheim-Gustavsburg-Bischofsheim 1933-1945. Die Mainspitze unterm Hakenkreuz,
Frankfurt/M 1989
- Hartwig-Thürmer, Christine, Riedt, Bernhard, „Das
sind doch Menschen wie wir…“ Ausländische Arbeiter bei der M.A.N.-Werk
Gustavsburg 1940 bis 1945 vor dem Hintergrund der nationalsozialistischen
Fremdarbeiterpolitik, in: Mainzer Geschichtsblätter, Veröffentlichungen des
Vereins für Sozialgeschichte Mainz e.V. Heft 5, Juni 1989, S. 83-125
- Hartwig-Thürmer, Christine, Zwangsarbeit in
Mainz-Gustavsburg 1942-1945, in: Hans-Georg Meyer, Hans Berkessel (Hrsg.), Die
Zeit des Nationalsozialismus in Rheinland-Pfalz, 3 Bände, Mainz 2001, 3.Band:
„Unser Ziel – die Ewigkeit Deutschlands“, S. 53 - 59
- Hedwig Brüchert, Zwangsarbeit
in Wiesbaden. Der Einsatz von Zwangsarbeitskräften in der Wiesbadener
Kriegswirtschaft 1939 bis 1945, Wiesbaden 2003
- Informationen. Wissenschaftliche Zeitschrift des
Studienkreises Deutscher Widerstand 1933-1945 e.V., Rossertstraße 9, 60323
Frankfurt/M, darin: Nora Idsikowskaja,
„Ich werde nicht mit Faschisten gegen meine Heimat zusammenarbeiten.“, nach
einem Interview von Ursula Krause-Schmitt (22.6.1994), Nr. 41, 1995, S. 10-18
- Kakucs, Lajos, Das Leben in Ginsheim-Gustavsburg im
Wandel der Zeit, Ginsheim-Gustavsburg 2005
- Kersandt, Kerstin, Polnische und sowjetische
Zwangsarbeiterinnen und ihre Kinder, in: Hedwig Brüchert, Zwangsarbeit in
Wiesbaden. Der Einsatz von Zwangsarbeitskräften in der Wiesbadener
Kriegswirtschaft 1939 bis 1945, Wiesbaden 2003, S. 187-236
- Klee, Ernst, Das Personenlexikon zum Dritten Reich:
wer war was vor und nach 1945?, Frankfurt/M 2003
- Leiwig, Heinz, Finale 1945 Rhein-Main, Düsseldorf
1985
- Leiwig, Heinz, Flieger über Rheinhessen. Der
Luftkrieg 1939 bis 1945, Alzey 2002
- Leiwig, Heinz, Leidensstätten in Mainz 1933 bis 1945.
Eine Spurensicherung, Mainz 1987
- Leiwig, Heinz, Neliba, Dieter H., Die Mainspitze im
Fadenkreuz der Royal Air Force und der 8. USAAF. Bischofsheim 1939-1945,
Ginsheim-Gustavsburg 1985
- Memorial International (Moskau),
Heinrich-Böll-Stiftung (Berlin) (Hrsg.), „Für immer gezeichnet“. Die
Geschichte der „Ostarbeiter“ in Briefen, Erinnerungen und Interviews,
Berlin 2019 (russische Originalausgabe 2016)
- Neliba, Dieter H., Eisenbahnbrücken im Raum
Mainz/Wiesbaden, Ginsheim-Gustavsburg 1979
- Neliba, Günter, M.A.N.-Werk Gustavsburg bei Mainz.
100 Jahre zivile und militärische Produktion (1860-1960), Frankfurt/M, 2002
- Pollemans, Piet J., Als Zwangsarbeiter in
Deutschland. Erinnerungen an die Jahre 1943-1945 in Rüsselsheim und Wetzlar,
Rüsselsheim 2000
- Spoerer, Mark, Zwangsarbeit unter dem Hakenkreuz,
Ausländische Zivilarbeiter, Kriegsgefangene und Häftlinge im Deutschen Reich
und im besetzten Europa 1939-1945, Stuttgart/München 2001
- Volkshochschule Rüsselsheim/Arbeit und
Leben (Hrsg.), Gastarbeiter-Fremdarbeiter-Kriegsgefangene. Zur
Ausländerbeschäftigung bei Opel Rüsselsheim. Drei Vorträge aus der Reihe:
„Wir alle machen Geschichte…“, Rüsselsheim 1991
- Wenke, Otto, Daschmann, Claus, Chronik von
Ginsheim-Gustavsburg, Ginsheim-Gustavsburg 1976
Archive zum weiteren Forschen:
- Archiv der Stadt
Ginsheim-Gustavsburg: Stadtverwaltung Ginsheim-Gustavsburg, Schulstraße 12,
65462 Ginsheim-Gustavsburg
- Archiv von Memorial International,
Aljona Koslowa, Moskau, Алена Козлова <kozlova@memo.ru>
- Ausländerkartei von
Mainz-Gustavsburg 1940 – 1950 (zurzeit in Bearbeitung)
- Bundesarchiv Berlin,
Finckensteinallee 63, 12205 Berlin
- Gedenkstätte KZ-Osthofen,
Ziegelhüttenweg 38, 67574 Osthofen
- Gemeindearchiv Bischofsheim,
Schulstraße 13, 65474 Bischofsheim
- Hessisches Hauptstaatsarchiv
Wiesbaden, Mosbacher Straße 55, 65187 Wiesbaden
- Hessisches Staatsarchiv Darmstadt,
Karolinenplatz 3, 64289 Darmstadt
- Hessisches Stadtarchiv
Darmstadt, Karolinenplatz 3, 64289 Darmstadt
- Hessisches Wirtschaftsarchiv
Darmstadt, Karolinenplatz 3 64289 Darmstadt
- Historisches Archiv – MAN Museum
Augsburg, Heinrich von Buz-Straße 28, 86135 Augsburg
- Historisches Archiv der MAN Truck
& Bus AG, Dieselstraße 11, 85757 München
- International Tracing Service Bad
Arolsen, Große Allee 5-9, 34454 Bad Arolsen
- Studienkreis Deutscher Widerstand,
Dokumentationsarchiv, Rossertstraße 9, 60323 Frankfurt/M