Neues vom Stadtschreiber: Brutstätte 1963

 

von Hans-Benno Hauf

„Der Schuttabladeplatz an dem neuen Wohnviertel zwischen der nach Gustavsburg und Bischofsheim führenden Straße ist zu einem unerträglichen Zustand für die dort wohnende Bevölkerung geworden. In unmittelbarer Nähe der Wohnungen ist er nicht nur eine Brutstätte für Ungeziefer, Ratten und Mäuse, sondern auch die ständigen Brände, die stinkenden Rauch verursachen, ist er eine erhebliche Belästigung für die Anwohner. 

Nachdem eine Anzahl von ihnen bei der Gemeindeverwaltung vorstellig wurde und  um Abstellung des unmöglichen Zustandes ersuchte, wurde jetzt auf Veranlassung von Bürgermeister Bender durch die Feuerwehr eine Vernichtungsaktion gegen das Ungeziefer gestartet. Mit Schläuchen verspritzten sie die Giftstoffe, doch verspricht man sich von dieser Maßnahme nur wenig Erfolg.  Umso mehr, als der Schuttabladeplatz weiter benutzt wird und die Bevölkerung bereits zur Selbsthilfe schritt und Personen mit einem Fahrzeug, die Schutt abladen wollten, die Zufahrt über die Weisenauer Straße sperrten. 

Daß tote Ferkel und Brotlaibe – an einer Stelle wurden gleich zehn Stück gezählt – geradezu Ratten und Mäuse anlocken, ist auch dem Uneinsichtigsten klar, weshalb auch der Ruf um Abschaffung dieses Zustandes über das Gesundheitsamt immer deutlicher wird. 

„Es ist für uns ein ernstes Problem, die Frage der Müllbeseitigung  in einem befriedigenden Sinne zu lösen“, teilte Bürgermeister Willi Bender in diesem Zusammenhang mit und wies darauf hin, daß, nachdem auch der Kreisausschuß und Mitglieder des Kreistages eine Müllzerkleinerungsanlage in Frankreich besichtigt hätten, der Tag nicht mehr fern sei, an dem auch die Müllbeseitigung in Ginsheim durchgeführt werde, auf daß sie zu keinen Klagen Anlaß gebe. Der Bürgermeister gab in diesem Zusammenhang zu erkennen, daß die Wirtschaftlichkeit einer solchen Müllzerkleinerungsanlage noch mehr gewährleistet sei, wenn sie gleich für mehrere Gemeinden geschaffen werde[1].“

Im gleichen Jahr beschließt die Gemeindevertretung eine Neufassung der Satzung über die Müllabfuhr, die eine einmalig wöchentliche Abfuhr für 1,50 DM pro 50-Liter-Gefäß vorsieht. Ab dem Jahr 1966 wird der Hausmüll der Gemeinde zur Müllzerkleinerungsanlage nach Bischofsheim abgefahren. Im März 1973, als die Gemeinde mit der Firma Meinhardt einen Vertrag zur Abfuhr von Haus- und Sperrmüll schließt, beschweren sich die Anwohner der inzwischen bebauten  Gustavsburger Straße über Ratten, Mäuse und ausgehendem Gestank vom nahe gelegenen Schuttabladeplatzes. Diesen lässt die Gemeinde des Öfteren mit Erde abdecken und verdichten. Nach umfangreichen Bodenuntersuchungen und Gutachten steht dort seit 1989 der Kindergarten VI „Regenbogen“ in der Akazienstraße.


[1] Reporter Hans Barth im Lokal-Anzeiger vom 27. September 1963

 
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