Neues vom Stadtschreiber: Kindsmord in Ginsheim

Stadtschreiber
 

von Hans-Benno Hauf

„Am Freitagnachmittag, 19. August 1938, bestellte der 25-jährige Bauhilfsarbeiter XY[1] aus Ginsheim ein achtjähriges Mädchen auf den Rheindamm und versprach ihm 50 Pfennig. Das Mädchen erlitt jedoch einen kleinen Unfall mit seinem Fahrrad. Es begab sich nochmals zu seiner Mutter, der das alles verdächtig vorkam und das Kind zurückhielt. Dem XY., der auf dem Rheindamm wartete, blieb das Kind scheinbar zu lange und er wandte sich an zwei dort spielende Kinder. Dem einen gab er fünf Pfennig, es sollte sich etwas im Dorf holen und das andere, die siebenjährige A., die den XY persönlich kannte und ihm deshalb folgte, nahm er auf sein Fahrrad und fuhr mit dem Mädchen Richtung Gustavsburg davon.

In dem sich am Rhein entlang ziehenden Dickicht führte er seine grausige Tat aus, würgte das Kind und brachte ihm 7 Messerstiche mit seinem Taschenmesser bei. Alsdann begab sich der Mörder, als ob nichts geschehen sei, nach Kostheim, entledigte sich unterwegs des blutigen Messers, das gefunden wurde, und fuhr spät abends mit einem anderen Ginsheimer zurück in seine Wohnung, wo er sich schlafen legte. 

Über das Ausbleiben ihres Kindes beunruhigt, wurden in Ginsheim am Freitagabend überall Nachforschungen angestellt, die jedoch ergebnislos verliefen. Gegen Mitternacht vernahm man auch die Spielgefährtin, die von dem XY das Fünfpfennigstück erhalten hatte und einen Anhaltspunkt geben konnte. 

XY wurde aus dem Bett heraus verhaftet. Erst am nächsten Tage, als ihm das Mädel gegenübergestellt wurde und sich auch das ursprünglich bestellte Mädchen gemeldet hatte, legte er ein Geständnis ab. Am Tatort schilderte er den Polizeibeamten den Hergang des Verbrechens. In ganz Ginsheim hatte sich eine große Erregung bemächtigt und der Mörder hat es der Disziplin der Bevölkerung zu verdanken, daß ihm nichts geschehen ist. Er wurde in Haft genommen, wo er seiner Aburteilung entgegensieht. Für alle Kinder möge diese grausige Tat eine Mahnung sein, sich niemals fremden Personen anzuvertrauen und ihnen zu folgen. 

Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung und der Schulkinder von Ginsheim wurde die kleine A. heute Mittag, 23. August 1939, um drei Uhr zu Grabe getragen.“

XY wurde am 11. Oktober 1938 wegen Mordes zum Tod verurteilt[2] und am 01. März 1939 in der Justizvollzugsanstalt Frankfurt-Preungesheim durch das Fallbeil hingerichtet.



[1] Vorname und Nachname weggelassen und anonymisiert

[2] HHStAW 409/4, 670;  Aktenzeichen 2 KS 8/1938

 

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